Spezlwirtschaft:Staatsregierung bevorzugt?

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Stoibers Abgang hat Vorrang: Der Parteitag zur Verabschiedung Stoibers soll auf dem Messegelände stattfinden. Eine Betriebsversammlung muss dafür weichen.

Julius Müller-Meiningen

Handelt es sich schlicht um den Fehler eines führenden Mitarbeiters, oder wurde die Bayerische Staatsregierung von der Messe München gezielt bevorzugt? Und zwar zu Lasten eines langjährigen Kunden, des Elektronikkonzerns Rohde & Schwarz.

(Foto: Foto: dpa)

Diese Frage beschäftigt derzeit nicht nur die Beteiligten, sondern war am Donnerstag auch Gegenstand einer Anfrage im Stadtrat. OB Christian Ude und Stefanie Jahn, SPD-Stadträtin und Betriebsratsvorsitzende der betroffenen Firma, wollen nicht recht an ein Versehen eines Messe-Mitarbeiters glauben.

Hintergrund ist ein Brief des Internationalen Congress Centers (ICM), eines Teils der Messe München, an Rohde & Schwarz, in dem ein für den 28. September 2007 vereinbarter Termin für dessen Betriebsversammlung im ICM abgesagt wird.

Die Begründung: ,,Der Vorsitzende unserer Geschäftsführung, Herr Manfred Wutzlhofer, hat sich gegenüber der Staatskanzlei verpflichtet, den diesjährigen CSU-Parteitag und die gleichzeitige Verabschiedung des noch amtierenden Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber am 28. und 29. September 2007 hier im ICM durchzuführen.

Deshalb ist es uns leider nicht möglich, Ihnen den bereits vertraglich zugesagten Termin (28.09.2007) aufrecht zu erhalten.'' Ein klarer Vertragsbruch, für den nun der Verfasser der Absage, ICM-Chef Edgar Hirt, allein verantwortlich sein soll.

,,Herr Hirt hat das Schreiben losgelassen, ohne uns zu fragen'', sagt der Vorsitzende der Messe-Geschäftsführung, Manfred Wutzlhofer, und nennt Hirts Vorgehen eine ,,Dummheit''.

Den Verdacht, dass dem scheidenden Ministerpräsidenten sowie dem möglicherweise zukünftigen CSU-Parteivorsitzenden, Wirtschaftsminister Erwin Huber, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Messe ist, ein Gefallen getan werden sollte, weist Wutzlhofer zurück:

,,Es gibt keine Gefälligkeiten.'' Verhandelt worden sei nicht mit der Staatskanzlei, sondern mit der CSU-Landesleitung. Der ICM-Leiter habe ihm, Wutzlhofer, die Verfügbarkeit eines Teils des Congress Centers signalisiert, sodass er der CSU Anfang dieses Jahres zugesagt habe.

Für Rohde & Schwarz stand der Termin allerdings seit Mai 2005 fest. Verhandelt werde schon bis 2012. Trotzdem wurden dem Unternehmen, das 2000 Mitarbeiter in München beschäftigt, mehrere (für die Firma inakzeptable) Ausweichtermine angeboten, um den CSU-Parteitag, bei dem auch der Geburtstag des scheidenden Ministerpräsidenten gefeiert werden soll, nicht zu gefährden.

Sogar einen Preisnachlass in Höhe von 50 Prozent bot die Messe an. ,,Ein unmöglicher Stil'', urteilt die Betriebsratsvorsitzende Jahn, die als SPD-Rätin auch die Anfrage stellte. Jahn will wissen, welchen Einfluss die Staatskanzlei bei der Messe habe und wer die Mindereinnahmen durch den Rabatt bezahle.

Der Oberbürgermeister, ebenfalls Mitglied des Messe-Aufsichtsrates, zeigte sich verärgert über den Vorgang und mutmaßte, ob da ,,der Wunsch der Partei ein Befehl'' sei. Falls weiter kein Ausweichtermin akzeptiert werde, so hieß es am Freitag bei der Messe, wolle man Rohde gegenüber ,,vertragstreu'' sein. Theoretisch seien auch beide Veranstaltungen gleichzeitig im ICM denkbar.

© SZ vom 30.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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