Spektakulärer Prozess gegen Freistaat:Stararchitekt Braunfels kämpft um seinen Ruf

Lesezeit: 2 min

Verletzte Ehre: Der Mann, der die Pinakothek der Moderne entworfen hat, will zehn Millionen Euro Schadensersatz.

Alfred Dürr

Fünf Jahre nach Fertigstellung der Pinakothek der Moderne findet das Zerwürfnis zwischen dem Freistaat Bayern und dem Münchner Architekten Stephan Braunfels ein mögliches Ende.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Es geht um juristische Auseinandersetzungen, die für die hiesige Bauszene spektakulär sind. Braunfels hat den Freistaat auf zehn Millionen Euro Schadensersatz verklagt.

Für den morgigen Mittwoch ist ein Urteil des Landgerichts München I im Streitfall Braunfels gegen den Freistaat angekündigt. Im Kern geht es darum, dass sich der renommierte Münchner Architekt Stephan Braunfels, 56, der auch die Bundestagsbauten in Berlin konzipiert hat, im Zusammenhang mit dem Bau der Pinakothek der Moderne vom Freistaat wegen der Kosten massiv schlecht behandelt fühlt und Schadensersatz einklagt.

Sollte er nicht Recht bekommen, sagt der Architekt, werde er den Weg durch die Instanzen gehen: "Ich richte mich auf eine sehr lange Strecke ein." Seitens des Freistaats besteht der Vorwurf, Braunfels habe weder Kosten- noch Terminrahmen eingehalten.

Der heftige Streit zwischen einem öffentlichen Bauherrn und einem Architekten hat Seltenheitswert in der Münchner Bauszene. Braunfels hatte sich als junger Mann einen Namen mit verschiedenen Aufsehen erregenden Architekturvorschlägen für München gemacht.

Der Durchbruch gelang ihm, als er den Wettbewerb für die Pinakothek der Moderne gewann. Auch seine Berliner Bauten bekamen hervorragende Noten von den Kritikern. Nun fürchtet Braunfels um seinen guten Ruf und wendet sich mitten in den juristischen Auseinandersetzungen an die Öffentlichkeit: "Was habe ich falsch gemacht, dass ich immer noch als schwierige Figur dastehe?"

Braunfels stellt vor der Presse nicht nur diese Frage, sondern erhebt auch schwere Vorwürfe gegen den Freistaat. Es gebe keinen vergleichbaren Fall, in dem ein Architekt "dermaßen niedergemacht" worden sei. Mit verheerenden Wirkungen für ihn, wie er beklagt.

Es hafte ihm jetzt in München und Bayern der Makel an, er könne weder Kosten noch Termine einhalten und sei ein Streithansl. Dieses Image sei ungerechtfertigt. In Berlin oder im Ausland baue er "sehr viel" und arbeite vertrauensvoll mit den Auftraggebern zusammen: "Nur in München habe ich keine Chance mehr". Seit 2000 habe es Hunderte Wettbewerbe und Gutachterverfahren für Großprojekte gegeben, nur ihm sei immer die Teilnahme verweigert worden.

Die "Ursünde" sei damals gewesen, dass die Kosten für die Pinakothek der Moderne viel zu niedrig angesetzt worden seien. Kein Wunder, dass es dann zu Steigerungen gekommen sei. Braunfels legt dazu den Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs über die Kostensteigerungen vom Juni 2002 vor, der seine Aussage im Kern bestätigt.

Der damalige Kultusminister Hans Zehetmair habe 1998 in der Richtfest-Rede gesagt: "Wir werden niemanden hängen lassen - außer den Architekten, wenn es zu teuer kommt." Streit gibt es auch darüber, dass das Brandhorst-Museum, das im Umfeld der Pinakothek der Moderne errichtet wird, nicht nach einem Braunfels-Entwurf gebaut wird, sondern vom Büro Sauerbruch-Hutton.

Der Stifter Udo Brandhorst hatte die Pläne von Braunfels abgelehnt. Wegen der anschließenden Nichtbeauftragung durch den Freistaat hat Braunfels einen weiteren Schadensersatzprozess angestrengt.

Er habe sich nie auf gerichtlichen Streit einlassen wollen, betont Braunfels. Mit Innenminister Günther Beckstein, der auch für die bayerische Baupolitik zuständig ist, habe er gute Gespräche über eine Schlichtung geführt. Doch konkret sei dabei bisher nichts herausgekommen.

Vereinbarungen auf höchster Ebene seien immer wieder "vom Mittelbau unterlaufen worden". Er habe damit keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als den Freistaat zu verklagen. Eine mögliche Schadenersatz-Summe will er unter Umständen einem öffentlichen Projekt zur Verfügung stellen: "Ich denke jedenfalls intensiv darüber nach.

© SZ vom 19.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: