Siemens-Standort München:Die Zukunft liegt anderswo

Lesezeit: 2 min

Der Rückzug des Siemens-Konzerns aus dem Kommunikationsgeschäft beschränkt sich nicht nur auf den Verkauf der Handy-Tochter an BenQ. Die in München gebündelte Com-Sparte verliert insgesamt an Bedeutung. Die Geschäftsbereiche der Zukunft liegen hingegen in Franken.

Martin Hammer

Der Verkauf der Handysparte an BenQ vor einem Jahr war der erste Schritt, mit dem sich Siemens von seinem Kommunikationsgeschäft trennt. Der zweite fällt wesentlich größer aus. Mit einem etwas mulmigen Gefühl dürften deshalb rund 12.000 Münchner Siemens-Mitarbeiter der Com-Sparte am heutigen Montag zur Arbeit gehen.

Am 1. Oktober sind ihre Beschäftigungsverhältnisse offiziell von der Siemens AG auf zwei ausgegliederte Gesellschaften übergegangen. Eine davon wird zum Jahreswechsel in ein Joint Venture mit Nokia eingebracht, dessen Geschicke in Helsinki bestimmt werden. Die andere soll an einen noch unbekannten Investor verkauft werden.

Der Hauptsitz bleibt

Auch wenn die Jobs in München durch die Ausgliederung nicht verloren gehen, innerhalb des Siemenskonzerns verliert die Stadt durch die Neuausrichtung an Gewicht. Zwar bleibt der Hauptsitz des Konzerns am Wittelsbacherplatz - die Zukunft von Siemens liegt nach dem Willen der Manager jedoch anderswo.

Die ,,Megatrends'', mit denen Siemens-Chef Klaus Kleinfeld künftig Geld verdienen will, heißen Energieerzeugung oder Gesundheit. Das Problem aus Münchner Sicht: Diese Geschäftsbereiche haben ihre Zentrale im fränkischen Dreieck Nürnberg/Fürth/Erlangen, am Konzernsitz sieht es mit der Kleinfeldschen Zukunftsvision von Siemens eher mau aus.

Die Stärke des Münchner Standorts ist dummerweise gerade das Geschäft, das Siemens aufgibt. Hier ist der Sitz der Kommunikationssparte, die die großen Siemens-Standorte Perlach, St.-Martin-Straße in Giesing und Hofmannstraße in Sendling dominiert - weit mehr als die Hälfte der Mitarbeiter kommen dort aus dem Kommunikationsbereich. ,,München ist Com'', bringt es Michael Leppek von der IG Metall auf den Punkt.

Beeindruckendes Wachstum

Seit 1890 das erste Siemens-Vertriebsbüro in München eröffnet wurde, hat der Konzern in der Stadt ein beeindruckendes Wachstum hingelegt. Allein am Standort Hofmannstraße arbeiteten zu Hochzeiten mehr als 20.000 Beschäftigte. Und seit nach dem Krieg auch der Hauptsitz nach München verlegt wurde, ist Siemens neben BMW und Allianz das wichtigste Aushängeschild der Boomregion.

Doch die Zeiten, in denen Siemens in München nur wuchs, sind lange vorbei. Die Belegschaft am Firmensitz ist durch Ausgliederungen und Stellenabbau nach Gewerkschaftsangaben von einst mehr als 47.000 Beschäftigten auf inzwischen rund 27.000 zusammengeschrumpft - inklusive der Tochterfirmen Osram, Bosch Siemens Hausgeräte, Siemens Business Service und Siemens-Fujitsu.

Ein bisschen Platz für die Zukunft

Zieht man die Com-Mitarbeiter ab, bleiben nur noch 15.000 Siemensianer übrig. Immerhin: Ein bisschen Platz hat die Zukunft immer noch. ,,Pictures of the Future'' heißt die strategische Zukunftsplanung des Konzerns - und die wird weiter in München erstellt.

© SZ vom 01.10.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: