"Sie wollte im Mittelpunkt stehen":Altenpflegerin quält Patientin

Lesezeit: 2 min

Immer wieder, insgesamt 19 Mal, soll eine 36-Jährige die demenzkranke Seniorin mit ihrem Rollstuhl umgekippt haben. Offenbar hatte sie Probleme mit ihrer eigenen Mutter.

Alexander Krug

Was bringt eine Altenpflegerin dazu, eine ihr anvertraute 83-jährige, demenzkranke Patientin mit deren Rollstuhl umzukippen? Nicht nur einmal, sondern immer wieder, insgesamt 19 Mal? Monika K., 36, sitzt auf der Anklagebank und wirkt selbst ziemlich ratlos. "Ich weiß auch nicht, warum ich das gemacht habe. Es tut mir aber sehr leid", sagt sie zum Amtsrichter, der immer wieder nachhakt, um zu verstehen, wie es zu diesen Taten kommen konnte.

Die 83-jährige Seniorin erlitt schwere Prellungen und Blutungen am Kopf. (Foto: Foto: AP)

Die Vorwürfe der Anklage reichen bereits mehr als fünf Jahre zurück. Im Mai 2002 hatte Monika K. ihre neue Stelle in dem Altenheim in Haidhausen angetreten, nur wenige Wochen später kam es zu ersten Auffälligkeiten. Eine demenzkranke Patientin kippte unter ihrer Obhut immer wieder vom Rollstuhl und schlug dabei schwer mit dem Kopf auf dem Boden auf.

Massive Prellungen und Blutungen am Kopf

Monika K. drückte in diesen Fällen stets selbst den Alarmknopf, sodass die zu Hilfe eilenden Kollegen irgendwann misstrauisch wurden. Eine Kollegin beobachtete dann die Angeklagte und erwischte sie quasi auf frischer Tat.

19 solcher Fälle innerhalb weniger Wochen listet die Anklage auf, die inzwischen gestorbene alte Dame soll dabei massive Prellungen und Blutungen am Kopf erlitten haben. Wie sie sich dabei gefühlt habe, will der Amtsrichter wissen. "Schlecht", entgegnet die Angeklagte.

Ihr Verhalten habe aber nichts mit den Patienten zu tun gehabt, beteuert sie. Sie sei an diesen Tagen wohl eher überfordert gewesen wegen ihrer Eltern. Diese wurden von ihr zu Hause gepflegt, und immer, wenn "es ihnen schlecht ging", rastete sie offenbar in der Arbeit aus.

Den Kollegen war die Angeklagte schon frühzeitig suspekt. "Sie war absolut auffällig", merkt eine als Zeugin geladene Berufsgenossin an. "Ich denke, sie war psychisch krank." So habe Monika K. öfter Ohnmachtsanfälle vorgetäuscht und auch ständig Phantasiegeschichten erzählt. "Sie wollte im Mittelpunkt stehen", so die Zeugin, "sie brauchte Aufmerksamkeit."

Verminderte Schuldfähigkeit nicht ausgeschlossen

Monika K. wurde nach nur zwei Monaten Dienst wieder entlassen, seitdem ist sie Hausfrau, als Altenpflegerin darf sie aufgrund eines Berufsverbots nicht mehr arbeiten. Das Verfahren wurde bei der Justiz nicht gerade zügig bearbeitet, sodass auch eine damals angeordnete psychiatrische Begutachtung der Angeklagten nicht mehr auf dem neusten Stand ist.

Eine verminderte Schuldfähigkeit scheint indes nicht ausgeschlossen. Das Verfahren wurde deswegen am Mittwoch ausgesetzt und ans Schöffengericht verwiesen. Als neuer Termin ist nun der 29. Oktober vorgesehen.

Bis dahin soll im Rahmen einer Versuchsreihe geklärt werden, welche Verletzungen durch das Umkippen eines Rollstuhls entstehen können. Auch ein Gespräch der Angeklagten mit einer Psychiaterin ist vorgesehen. Für die Misshandlung von Schutzbefohlenen droht Monika K. eine Strafe von bis zu zehn Jahren Haft.

© SZ vom 20.09.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: