Sicherheit am Flughafen:Ein einziges Flickwerk

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Die Gewerkschaft der Polizei sieht die Sicherheit am Flughafen gefährdet: Viele Stellen bei der Bundespolizei sind nicht besetzt und das Gehalt sei zu gering.

Susi Wimmer

Jeder zweite Bundespolizist fühlt sich laut einer Studie ausgebrannt, jeder dritte verfügt nicht mehr über seine volle Arbeitskraft. "Das führt natürlich zu Defiziten", klagt Josef Scheuring von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Dass die überlastete und von der Personaldecke her ausgedünnte Bundespolizei ausgerechnet an den Brennpunkten wie dem Münchner Flughafen für die Sicherheit sorgen soll, bedeutet laut Scheuring "ein Problem".

Der für die Bundespolizei zuständige Bezirksvorsitzende fordert von der Politik Sofortmaßnahmen, wie etwa die Rücknahme der 41-Stunden-Woche.

Flughafen München. Hier sollen eigentlich 938 blau-gekleidete Beamte für "grenzpolizeiliche Aufgaben" eingesetzt sein. Tatsächlich besetzt sind allerdings nur 850 Stellen. Der Rest wird mit Abordnungen aus dem ganzen Bundesgebiet aufgefüllt, "ein einziges Flickwerk", wie Harald Schneider von GdP schimpft.

Das heißt, alle drei Monate kommt ein neuer Kollege. Und der kann von der Ostseeinsel Usedom stammen oder seinen Dienst normalerweise am Bahnhof in Hamburg versehen oder bei der Küstenwache. "Sie werden hier am Münchner Flughafen von den Kollegen eingearbeitet, verschwinden nach drei Monaten, sind wieder ein halbes Jahr zuhause und werden dann für drei Monate woanders eingesetzt", erzählt der Münchner Gewerkschafter Hartmut Schrader.

Das sei nicht nur für die "verschickten" Polizisten eine enorme Belastung, sondern auch für die Münchner, die alle drei Monate neue Kollegen einweisen müssten. Nach einer Studie an der Hochschule Magdeburg-Stendal fühlte sich 2006 jeder vierte Bundespolizist "ausgebrannt, innerlich unruhig und unausgeglichen". 2008 klagte bereits jeder zweite über derartige Symptome, allen voran: die Münchner.

Im südbayerischen Raum, wo Bundespolizisten am Flughafen, an den Bahnhöfe und an der österreichischen Grenze Dienst tun, fehlen von 1840 Stellen 472. 230 Posten seien laut Gewerkschaft gänzlich unbesetzt, 242 werden durch Abordnungen aus dem Bundesgebiet abgedeckt. "In den S-Bahnen sieht man so gut wie keine Bundespolizei mehr", sagt Josef Scheuring, "da sind wir schwach aufgestellt".

Und das ausgerechnet nach den Anschlägen vom 11. September: "Bahnhöfe und Flughäfen sind die Kernpunkte der Terrorbekämpfung", so Scheuring. Ausgerechnet hier werden die eingesetzten Polizisten von den Politikern "wissentlich kaputt gemacht".

Eines der Probleme, mit denen die Bundespolizei ringe, seien die vielen Zuständigkeiten. "Gerade in diesem hochsensiblen Sicherheitsbereich sind viele zuständig, aber keiner verantwortlich", klagt Scheuring.

Nachdem am 20. Januar ein Flugpassagier mit einem Laptop, der noch kontrolliert hätte werden sollen, unbehelligt durch die Kontrollstelle marschierte und auf der Suche nach dem Mann später das ganze Terminal 2 geräumt wurde, hätten diverse Politiker die Angelegenheit zur Chefsache erklärt.

Angefangen vom Regierungspräsidenten von Oberbayern über den Bundesinnenminister bis hin zum bayerischen Ministerpräsidenten. "Doch passiert ist überhaupt nichts", sagt Scheuring. Und: "Solch ein Vorfall könnte sich jederzeit wieder ereignen." Wobei der Fehler in diesem Fall nicht bei der Bundespolizei, sondern beim Sicherheitspersonal lag.

Innenminister Thomas de Maizière müsse sich Gedanken machen, wie er Leute für die Bundespolizei rekrutieren kann, fordert die Gewerkschaft. Denn dass bundesweit rund 1300 Stellen bei der Bundespolizei nicht besetzt sind, liege schlichtweg am fehlenden Zulauf.

"Zuerst bewerben sich die Leute bei der Landespolizei, weil sie wissen, wo sie arbeiten werden", sagt Harald Schneider. Erst wer dort nicht drankomme, gehe zur Bundespolizei oder zum Zoll.

Wobei die Bundespolizei mit weiteren Mankos zu kämpfen hat: Die Bundespolizei ist laut GdP die am schlechtesten bezahlte Polizei in Deutschland, ein Beamter im Mittleren Dienst verdiene etwa 1700 Euro, die Aufstiegschancen seien gering. Zudem werde der Nachwuchs zentral für ganz Deutschland "in Ostfriesland angeworben, in Lübeck eingestellt und dann vielleicht an den Münchner Flughafen versetzt", sagt Josef Scheuring.

Sprich: Es gibt keine Werber in Bayern, die beispielsweise in Schulen für einen Job bei der Bundespolizei die Trommeln rühren. So besteht das zentrale Manko: Wer bei der Bundespolizei eingestellt wird, bekommt keinerlei Zusage, in welcher Region er später eingesetzt wird.

© SZ vom 10.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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