Security-Point:Der Stress mit den unerwünschten Kavalieren

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"Schau hin, sag Stopp!" - Die Betreuerinnen des Security Point stehen auch in diesem Jahr Frauen zur Seite, die sich auf der Wiesn von Männern belästigt fühlen.

Von Birgit Lutz-Temsch

Völlige Verunsicherung, die Verfolgung durch einen Mann über eine längere Zeit hinweg, eskalierende Gewalt mit dem Freund - die Gründe, warum sich im vergangenen Jahr 19 Frauen und neun Mädchen an den Security Point gewendet hatten, waren vielfältig.

Mehr Sicherheit für Frauen auf dem Oktoberfest: Auch in diesem Jahr gibt es den Security Point. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Für die Initiatoren-rganisationen Amyna, Imma und Frauennotruf waren die auf der Wiesn 2003 gesammelten Erfahrungen Grund, ihre Arbeit in diesem Jahr fortzusetzen - deswegen soll es den Security Point heuer zum zweiten Mal geben.

Untergebracht wird der Fluchtpunkt, an den sich in Not geratene Mädchen und Frauen wenden können, aber nicht im Servicezentrum - auch wenn sich die Organisatorinnen das sehr gewünscht hätten. Stattdessen wird nur eine Anlaufstelle im Bereich des Festleitungs-Eingangs des Servicezentrums installiert.

Sollte mit den Betroffenen eine eingehendere Beratung nötig werden, hat die Stadt Räume in der ehemaligen Messe-Villa zur Verfügung gestellt, in die sich die Sozialpädagoginnen mit den Frauen und Mädchen zurück ziehen können.

Wir finden es sehr schade, dass wir im Service-Zentrum keinen Raum bekommen haben. Das wäre ein deutliches Signal gewesen, dass man diese Problematik wirklich ernst nimmt", sagt Sabine Wieninger vom Frauennotruf.

Alkohol ist keine Entschuldigung

Wieninger und ihren Mitstreiterinnen liegt viel daran, deutlich zu machen, dass sie niemandem den Spaß am Oktoberfest verderben wollen. "Man hört so oft: 'Mei, damit muss man als Frau rechnen, wenn man auf die Wiesn geht' - und genau darauf wollen wir aufmerksam machen: dass es kein Spaß ist, wenn sexuelle Handlungen nicht auf Einvernehmlichkeit beruhen, dass es kein Kavaliersdelikt ist, das man eben so hinnehmen muss, und dass Alkohol keine Entschuldigung ist."

Das Thema sexuelle Gewalt aus der Tabu-Zone herausholen - das will das Security-Point-Team. "Wir hoffen auch auf eine präventive Wirkung. Wenn wir für dieses Thema sensibilisieren, greift vielleicht auch mal eher ein Mann ein, wenn er sieht, dass eine Frau bedrängt wird."

Für ihr Konzept sind die Initiatoren im vergangenen Jahr mit dem mit 4.000 Euro dotierten Stiftungspreis der Organisation gegen Kindesmissbrauch Hänsel + Gretel ausgezeichnet worden - 4.000 Euro, die komplett in die Fortführung des Projekts in diesem Jahr geflossen sind.

Einige Neuerungen wird es heuer geben: In den Eingangsbereichen der Festhallen und auf sämtlichen Toiletten werden Plakate aufgehängt, die auf den von 18 bis 1 Uhr besetzten Security-Point hinweisen. Deren Slogan ist auch alkoholisiert noch leicht zu verstehen: "Schau hin, sag Stopp".

Fahrservice für Frauen in Not-Situationen

Für Mädchen und Frauen in einer Not-Situation haben die Initiatorinnen heuer einen Fahrdienst eingerichtet: Wer wirklich nicht mehr in der Lage ist, allein und selbstständig den Heimweg anzutreten, kann nach der Beratung von den Mitarbeiterinnen im Stadtgebiet München nach Hause gebracht werden. "Das soll aber nicht mit einem Taxi verwechselt werden", schränkt Wieninger ein.

60.000 mehrsprachige Handzettel, die den Security-Point vorstellen und Mädchen und Frauen Tipps für einen gefahrlosen Wiesn-Besuch geben, hat das Security-Point-Team drucken lassen. Sie liegen während des Oktoberfests in Jugendeinrichtungen, Hotels und Gaststätten, Schulen und Touristen-Informationen aus.

"Wir sind in diesem Jahr nochmals gezielt auf das Sicherheitspersonal auf der Wiesn zugegangen, da wir festgestellt haben, dass sich viele Mädchen und Frauen zuerst an die Securitys wenden, wenn ihnen etwas passiert ist." Mindestens vier Mitarbeiterinnen werden ständig präsent sein, um verunsicherte Frauen zu betreuen und notfalls auch zur Polizei zu begleiten, wenn Anzeigen erstattet werden sollen.

Das Münchner Projekt hat seit dem vergangenen Jahr auch Interesse in anderen Städten gefunden: Aus Nürnberg und Köln kamen Anfragen für die dortigen Volksfeste. Auf dem Nürnberger Volksfest gab es erstmals eine Anlaufstelle für Mädchen und Frauen in Not, und auch Köln hat Interesse angemeldet.

© SZ vom 18.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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