Schweigen in Vila Nova de Cerveira:"Es gibt nichts zu sagen"

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In Vila Nova de Cerveira will niemand über Schulz reden, seitdem der bekannteste Bürger des portugiesischen Dorfs als mutmaßlicher Kinderschänder verhaftet wurde.

Michaela Metz

Nichts sehen, nichts wissen, nichts sagen. Das ist die Devise im Städtchen Vila Nova de Cerveira, seitdem sein bekanntester Bürger als mutmaßlicher Kinderschänder verhaftet wurde. Bürgermeister José Manuel Vaz Carpinteira ist nicht zu sprechen, sein Vertreter Fernando Nogueira lässt verlauten, er sei nicht befugt, Auskunft zu geben. Direkt vor dem Rathaus steht wie ein Mahnmal die bronzene Hirsch-Skulptur, die Ulrich Schulz der Gemeinde gestiftet hat.

Schon vor mehr als einem Jahr hatte das Lokalblatt Cerveira Nova berichtet, man wolle die Geschenke des Deutschen allesamt zurückgeben. "Aber es ist noch alles da", sagt Domingos Branco, der im Restaurante Luso in unmittelbarer Nachbarschaft von Schulz' Anwesen arbeitet: "Der Hirsch, die Feuerwehrautos - alles da." Ungefragt zählt jeder sofort die großzügigen Gaben des Deutschen auf. "Fünf Feuerwehrwagen spendete er im Laufe der Jahre, zuletzt vor etwa sechs Jahren", sagt Rui Cruz von der Freiwilligen Feuerwehr.

Ob man sie zurückgeben werde, wisse er nicht. Solange der großzügige Förderer nicht verurteilt sei, werde er darüber auch nicht nachdenken. Vila Nova de Cerveira sei eine arme Gemeinde, fügt er erklärend hinzu. Er habe "Senhor Oliver", wie der selbsternannte Guru hier respektvoll genannt wird, nur flüchtig gekannt. Gesehen habe er ihn schon seit Jahren nicht mehr. Der habe ein sehr zurückgezogenes Leben geführt und sich nur selten in der Stadt blicken lassen. Auf seinem großzügigen Landsitz wohnen laut Cruz noch immer Schulz' Lebensgefährtin und einige Getreue, Musiker - auch Kinder.

"Er hat viel getan, niemand spricht schlecht über ihn!"

Sergeante Aires Lopes, Polizeichef der kleinen Stadt in Nordportugal, sagt auch, er wisse nichts über diesen Fall. Er habe "Senhor Oliver" niemals kennen gelernt. Zuständig sei bei solch einem gravierenden Fall die Kriminalpolizei in Lissabon. Dabei gab es vor zweieinhalb Jahren eine Razzia in der Quinta von Schulz, die Münchner Zielfahnder waren nach SZ-Informationen dreimal vor Ort. Ohne Erfolg. Drei bis zehn Jahre Haft gibt es in Portugal für Kindesmissbrauch. Doch verjährt dieses Vergehen schon nach drei Monaten. Wenig Zeit für ein Kind, das den Mut sucht, sich womöglich gar fremden Polizisten anzuvertrauen.

Auch im örtlichen Friseursalon nimmt man den mutmaßlichen Vergewaltiger reflexartig in Schutz: "Er hat viel getan, niemand spricht schlecht über ihn!", poltert die Friseurin hektisch los und wiederholt diesen Satz wie eine Formel immer wieder. Sie kenne Oliver Shanti seit vielen Jahren. Ihren Namen will sie auf keinen Fall nennen. "Es gibt nichts zu sagen! Ich werde nichts Schlechtes über diese Person sagen!", bricht es aus ihr heraus.

Shanti bedeutet Frieden, doch mit dem Frieden ist es vorbei in Vila Nova de Cerveira, wie ein schwarzes Loch wabert das unheilvolle Schweigen durch den Ort.

© SZ vom 10.07.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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