Schoko-Dinner in München:Bitte recht gierig!

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Ein Dinner, sieben Gänge - und alles aus Schokolade: ein Kindergeburtstag für Große und Reiche. Gier, Versuchung, Widerstand - und was eine begehbare Praline sonst noch in uns auslöst.

Ruth Schneeberger

"Ich will keine Schokolade - ich will lieber einen Mann!" Diametral zu Trude Herrs Wunsch aus den 60er Jahren sitzen nun in München Menschen, die ihren Mann oder ihre Frau durchaus schon an ihrer Seite wissen - sie haben aber vor allem eins: unbändige Lust auf Schokolade.

(Foto: Foto: Raffaele Celentano)

Die muss man auch haben, bei einem 7-Gänge-Menü, das nur aus Schokolade besteht: Im Luitpoldblock zwischen Engeln und Palmen wird zum Schoko-Dinner geladen.

Naja, ein paar andere Zutaten sind auch noch dabei: Nudeln - allerdings mit Schokoladen-Geschmack. Gorgonzola - aber mit Kakaobohnen affiniert. Und Gänseleber - selbstredend im Pralinenmantel.

Da steht man drin und schnuppert

Zu verantworten hat diesen Kindergeburtstag für Große und Reiche (110 Euro pro Nase kostet die Schoko-Explosion) ein Ehepaar mit genau zwei großen Leidenschaften: erstens die Kunst und zweitens die Schokolade. "Es ist ein sehr alter Traum von uns, mal eine Ausstellung zum Thema Schokolade zu machen", sagt Tina Schmitz mit schwärmerischem Blick.

Ansonsten eher für höhere Kunst im Haus der Kunst zu haben, haben die Schmitz deshalb nach jemandem gesucht, der eine Ausstellung zu ihrem Lieblingsthema konzipiert - und gefunden: Wer, wenn nicht ein Mann mit Namen Zucker, der erstens Autor eines Kulinarik-Romans ist und dessen Gattin zweitens einen Schoko-Laden namens Götterspeise betreibt, sollte das sein?

"Wir wollten keine Ausstellung machen, die den Weg der Kakaobohne bis zur Praline zeigt, davon gibt es schon genug." Deshalb setzt Paul Zucker alles daran, die Sinnlichkeit von Schokolade in den Vordergrund zu stellen.

Also finden sich die Gäste nun in einer begehbaren Praline wieder: 2,50 Meter Durchmesser hat sie, da steht man drin und schnuppert. "Einige haben wohl Hunger bekommen", sagt Carsten Schmitz und zeigt auf die Kratzspuren.

Und weil das so ist, haben die Schmitz sich gedacht, dass im Rahmen der Schoko-Ausstellung auch ein Schoko-Dinner geboten werden muss. Es wurde geboten - und genossen.

Sieben Gänge Schokolade - wie hält man sowas aus? Indem man sich einen Spitzenkoch aus Südtirol bestellt: Karl Baumgartner probiert in München mal aus, wie das so ist mit dem erhöhten Zuckerspiegel. Und falls es gut ist, will er das Schoko-Dinner auch in seinem eigenen Restaurant anbieten.

Gier, Versuchung und Widerstand

Wie also sind die Gäste zufrieden? "Es ist umwerfend", "Wir werden diesen Abend immer in Erinnerung behalten" "Das ist etwas ganz einmaliges", kommen sie aus dem Schwärmen nur heraus, um sich auf den nächsten Gang zu stürzen. Dazu werden extrem süßer Dessertwein und zehn Jahre alter Rum gereicht - so dass kein Auge trocken bleibt. "Das ist schon erstaunlich hier", ist der niederländische Generalkonsul, Lionel Veer, erstaunt von der Münchner Wirtschaftskraft.

So dass die dermaßen gesättigten Gäste zum Schluss kaum noch die Kraft haben, sich die Ausstellung (die bis zum 4. Mai im ersten Stockwerk des Luitpoldblocks am Odeonsplatz zu sehen ist) anzuschauen: In einer - wiederum begehbaren - Pralinenschachtel mit türkis-goldener Ornament-Tapete gibt es genießbare Kunst von Chocolatiers aus aller Welt zu sehen.

Besonders hübsch: die Fotos von Raffaele Celentano. Er hat Passanten in Venedig ein Tütchen Schokolade in die Hand gedrückt. Wie man sieht, zur großen Freude aller Beteiligten. Die Fotografin Nomi Baumgartner hat sich drei Tage lang mit vier Tänzern in der Münchner Reithalle einsperren lassen - um in Bilder umzusetzen, was Schokolade in uns allen auslöst: Gier, Versuchung und Widerstand.

Widerstand war nun an diesem Abend aber gar nicht möglich. Und vielleicht auch gar nicht nötig: "Wenn man Schokolade mit Gewürzen mischt, kann der Körper sie viel besser verdauen", beteuert Tina Schmitz. Da kann man nur hoffen, dass sie recht behält.

© sueddeutsche.de/SZ vom 8.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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