Schönheits-OP:Junge Frau stirbt nach Eingriff

Lesezeit: 1 min

Nach vielen Diäten war am Bauch einer unter ihrem Übergewicht stark leidenden 22-jährigen Frau eine massive Fettschürze übrig gebliebenen. Die ließ sie sich von ihrem Frauenarzt in einer Münchner Privatklinik absaugen - mit fatalen Folgen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Das Landgericht München I hat jetzt den Operateur zu Schadenersatz und Schmerzensgeld verurteilt. Die Richter meinten, der Doktor habe die junge Frau, wenn überhaupt, viel zu spät über die Gefahren der OP aufgeklärt. Er hätte ihr "eindringlich klar machen müssen, dass sie sich im Interesse einer Schönheitsoperation in Lebensgefahr begibt".

Wie bei jedem anderen Eingriff gibt es auch bei Schönheits-OPs Risiken. (Foto: Foto: dpa)

Sie wog 88 Kilo, war 1,69 Meter groß, rauchte etwa zehn Zigaretten am Tag und nahm seit ihrem 14. Lebensjahr die Pille. Der Gynäkologe habe sie zwar auf mögliche Schmerzen oder Narbenwülste hingewiesen, sagte ihre Mutter, die bei einigen Beratungsgesprächen dabei war. Aber eine Aufklärung über das möglicherweise zum Tode führende Thrombose- beziehungsweise Embolie-Risiko sei innerhalb des immerhin sechs Monate währenden Behandlungszeitraums vor der OP zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Erst am Vorabend des Eingriffs habe die Anästhesistin darüber gesprochen. Die Patientin war dann am 9. Juli 2001 morgens operiert worden.

Wenige Stunden danach, auf dem Weg zur Toilette, erlitt sie einen Zusammenbruch, hervorgerufen durch eine Embolie: Der Kreislauf versagte, das Herz blieb stehen. Die Frau konnte zwar vorübergehend wiederbelebt werden. Dabei ereignete sich aber auch noch ein Kapseleinriss der Leber, der sie innerlich verbluten ließ.

Die Richter der 9. Kammer sagten jetzt in ihrem Urteil, dass hier - bedingt durch das Übergewicht, das Rauchen und die Pille - die Gefahr einer Embolie überproportional hoch gewesen sei. Wäre die Patientin in aller Deutlichkeit aufgeklärt worden, hätte sie durch Pillenpause und Nikotinabstinenz ihr Risiko auf ein durchschnittliches Maß senken können. Und gerade weil die junge Frau so sehr auf die Schönheitsoperation fixiert gewesen sei, habe der Operateur damit rechnen müssen, dass Risiken verharmlost werden - "dem hätte er durch eine hinreichend drastische Aufklärung entgegenwirken müssen" (Aktenzeichen: 9 O 22186/03).

Ihnen gehe es bei dieser Klage nicht ums Geld, hatten die Eltern der 22-Jährigen in dem Verfahren immer wieder betont. Es sei ihnen vor allem daran gelegen, dass Patienten künftig besser informiert werden. Ihre Rechtsanwältin Beate Steldinger sagte gestern zur SZ: "Es muss den Frauen eingehämmert werden, dass Schönheitsoperationen mit gravierenden Gefahren verbunden sein können - das ist nicht so harmlos wie Bikini-Shopping im Kaufhaus." Die Ärzte, die routiniert seien und alle Risiken kennen, sollten speziell ihre vielen auf kosmetische Eingriffe versessenen Patientinnen sehr drastisch über das Für und Wider der plastischen Chirurgie aufklären.

© SZ vom 07.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: