Schmiergeld und gekaufte Mitglieder:Der zürnende Landesvater

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Christian Baretti geht, in letzter Minute. Der unter Schmiergeld-Verdacht stehende Münchener CSU-Stadtrat läßt vorerst alle politischen Ämter ruhen. Zuvor hatte Ministerpräsident Edmund Stoiber Druck gemacht: "Baretti weg" war Tagesbefehl. Schließlich ist in zwei Wochen ist Landtagswahl.

Von Felix Serrao

Wegen der strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn lässt der Münchner CSU-Stadtrat Christian Baretti vorerst alle seine politischen Ämter ruhen. Das habe er am Montag schriftlich der Bezirkschefin Monika Hohlmeier erklärt, teilte die Münchner CSU mit. Er werde sämtliche Parteiämter sowie seine Funktionen in der CSU-Stadtratsfunktion während der laufenden Ermittlungsverfahren ruhen lassen.

"Schafft mir den Baretti vom Hals!"

Das schien auch Stoibers erklärtes Ziel zu sein. "Schafft mir den Baretti vom Hals", zitiert die Münchener Abendzeitung den Ministerpräsidenten. Stoiber sei, so das Blatt, stinksauer auf seinen jungen Parteifreund.

Die Zeitung berichtet unter Berufung auf das Umfeld von Stoiber, es laufe bereits ein Parteiausschluss-Verfahren gegen Baretti. Dazu Barettis Fraktionskollege Marian Offman: "Soweit ich weiß, läuft es noch nicht."

Der Hintergrund: Vergangene Woche durchsuchte die Münchener Staatsanwaltschaft Barettis Wohnung. Jetzt ermittelt sie gegen ihn. Er soll für seine Eltern, die wegen des Verdachts der Bestechlichkeit in Haft sitzen, Schmiergelder verwaltet haben. Zudem ist er in der Münchner CSU-Affäre wegen möglicherweise gefälschter Mitgliedsanträge einer der Beschuldigten.

Barettis Eltern sitzen selbst in Untersuchungshaft, weil sie über eine Verwaltungsgesellschaft Schmiergelder von Kurkliniken für die Vermittlung von Patienten kassiert haben sollen. Beide arbeiteten bei der AOK. Da der CSU-Stadtrat für seine Eltern die Buchhaltung machte, gehen die Ermittler davon aus, dass er an den Geldflüssen beteiligt war oder zumindest davon wusste.

In der CSU-Parteiaffäre hatte bereits JU-Stadtchef Rasso Graber seine Ämter auf Druck der Partei-Oberen vorläufig niedergelegt.

Wackelt der Wahltriumph?

Stoiber muss angesichts der immer neuen Negativ-Schlagzeilen über seinen Partei-Nachwuchs wohl nicht um den Wahltriumph bei der bayerischen Landtagswahl in zwei Wochen bangen. Laut ZDF-"Politbarometer" vom 5. September liegt die CSU "unangefochten vorn" - bei 60 Prozent und mehr. Das war allerdings vor Baretti.

Der promovierte Volkswirt ("Anreizeffekte des Länderfinanzausgleichs: Theoretische und empirische Analyse", Note: 0,7) und einstige Partei-Hoffnungsträger Baretti sollte am Sonntag von einer mehrwöchigen USA-Reise zurückkehren. Er scheint die Reise kurzfristig verlängert zu haben. Bei Baretti zu Hause jedenfalls geht nur der Anrufbeantworter an: "Derzeit bin ich verreist."

(sueddeutsche.de/dpa)

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