Salvatorprobe verschoben:Derblecken nach dem Fest

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Brauerei, Künstler und Politiker haben nach der Absage der Salvatorprobe wegen des Amoklaufs einen neuen Termin gefunden: Derbleckt wird am 2. April.

A. Becker u. W. Görl

Es gibt einen neuen Termin für das Politiker-Derblecken. Nach der Absage für den gestrigen Donnerstag einigten sich die Beteiligten am Abend auf den 2. April. Nach Informationen der SZ soll die Veranstaltung um 19 Uhr beginnen. Zunächst wird dann Michael Lerchenberg die Fastenpredigt halten, die er mit Christian Springer geschrieben hat. Danach wird das Singspiel stattfinden.

Die Kulisse für die Salvatorprobe wurde sofort abgebaut. Ein Ersatztermin muss erst gefunden werden. (Foto: Foto: Schellnegger)

Eine Paulaner-Sprecherin bestätigte den Termin. Auf diesen haben sich Vertreter der Brauerei, des Bayerischen Rundfunks und der Künstler verständigt - offenbar passt dieser Zeitpunkt auch in den Terminplan der Staatskanzlei. Der Abend wird unter dem Titel "Nachg'schenkt auf dem Nockherberg" laufen.

Terminpläne und Organisation

Der Grund, warum das Derblecken erst nach dem Starkbierfest stattfinden kann: Für den Neuaufbau der Bühne und die Installation der Technik brauchen die Veranstalter drei Tage, außerdem musste der Terminplan der Künstler berücksichtigt werden - und natürlich auch der der wichtigsten Gäste aus der bayerischen Staatsregierung.

Am Mittwochabend waren gerade zehn Minuten der Generalprobe absolviert, als Eva Demmelhuber, die Regisseurin des Singspiels, Unruhe im Saal bemerkte. Brauerei-Chef Andreas Steinfatt eilte durch die Reihen des Probenpublikums, im Schlepptau Führungskräfte des Bayerischen Fernsehens. Hinter den Kulissen informierte Steinfatt die Regisseurin, dass die für Donnerstag geplante Aufführung wegen des Amoklaufs in Winnenden abgesagt sei.

Eine Entscheidung, die Steinfatt mit der Brauereieigentümerin, der Schörghuber-Unternehmensgruppe, mit der Führungsriege des Bayerischen Fernsehens und auch in Absprache mit der Staatskanzlei gefällt hatte. Demmelhuber entschloss sich, die Generalprobe trotzdem weiterlaufen zu lassen. Der Applaus am Ende war gewaltig, die Darsteller verließen euphorisch die Bühne. "Und dann kam ich mit dem Hackebeil", erzählt Demmelhuber. Anders gesagt: Sie hatte die verstörende Mitteilung zu machen, das Politiker-Derblecken sei abgesagt. "Es herrschte tiefe Traurigkeit. Da läuft man und läuft man und kommt doch nicht ans Ziel."

Zwiespältige Reaktionen

Den Frust hat die Singspiel-Truppe danach mit Bier hinuntergespült, und natürlich ging auch die Diskussion los: Ist es richtig, das Spektakel abzusagen, oder hätte man die Starkbierprobe durchziehen sollen. "Die Meinungen gingen auseinander", berichtet Demmelhuber. Sie selbst sei "ein bisschen zwiegespalten", aber sie hätte es doch lieber gesehen, wäre die Veranstaltung über die Bühne gegangen. Und für den Fall, die politische Prominenz wäre ferngeblieben, hätte sie auch eine Lösung parat gehabt: "Warum nicht das Derblecken für das normale Publikum öffnen?" Man hätte es als Benefizveranstaltung deklarieren und die Eintrittsgelder den Angehörigen der Opfer zur Verfügung stellen können.

Schauspieler Michael Lerchenberg, der als Bruder Barnabas die Bußpredigt halten sollte, hat Verständnis für die Verlegung. "Man muss der Situation Rechnung tragen, wenn Staatstrauer angesagt ist." Ohnehin wäre die Stimmung angesichts der Ereignisse "nicht sehr lustig" gewesen. Natürlich sei es für einen Künstler nicht angenehm, wenn einem nach langer Arbeit "der Teppich unter den Füßen weggezogen wird". Er habe einen gewissen Adrenalinspiegel aufgebaut; dass dies nun vorerst vergebens war, "muss man erst mal verkraften".

Nach der Entscheidung vom Donnerstagabend wirkte er sichtlich erleichtert. "Ich freue mich, dass ich die Fastenpredigt nun doch halten kann." Wochenlang hatten er und sein Co-Autor Springer daran gearbeitet. Allerdings werden die beiden die Rede nun noch einmal aktualisieren müssen. Auch Regisseurin Eva Demmelhuber und die Autoren Holger Paetz und Uli Bauer werden kaum umhin kommen, ihr Singspiel zu überarbeiten.

Neue Rituale?

Ministerpräsident Horst Seehofer, der bereits am Mittwochnachmittag erwogen hatte, dem Starkbieranstich fernzubleiben, hält die Verschiebung für richtig: "Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung der Paulaner-Brauerei." Ganz unbeteiligt an der vorläufigen Absage war Seehofer insofern nicht, hat er doch mit den Verantwortlichen der Paulaner-Brauerei sowie mit OB Christian Ude über die Frage gesprochen, was zu tun sei.

Es ist nun davon freilich auszugehen, dass der 2. April in den Terminplan des Ministerpräsidenten passt - auch wenn für die erste Aprilwoche wichtige Sitzungen anstehen. Sein Erscheinen ist nicht zuletzt deshalb plausibel, weil er als Ministerpräsident bei diesem Ereignis eine mehr oder minder offizielle Aufgabe hat. Es hat sich eingebürgert, dass dem bayerische Regierungschef auf der Nockherbergbühne der erste Schluck des neuen Gebräus kredenzt wird, und dies mit dem Trinkspruch "Salve pater patriae! Bibas princeps optime!" (Sei gegrüßt, Vater des Vaterlandes! Trinke, bester Fürst!) In welcher Form er diese Aufgabe am 2. April erfüllt, ist unklar: Schließlich gibt es dann keinen Salvatoranstich - die Veranstaltung trägt ja den Titel "Nachg'schenkt auf dem Nockherberg". Dafür müssen nun womöglich neue Rituale erfunden werden.

© SZ vom 13.03.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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