S-Bahn:Nix geht mehr auf der Stammstrecke

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Wer die Einsamkeit sucht, sollte am Wochenende mal bei der S-Bahn vorbeischauen: Bei der 50. und bislang umfangreichsten Sperrung der Stammstrecke werden sämtliche Stationen zwischen Pasing und Ostbahnhof verwaist sein, die Züge wenden vorzeitig oder weichen auf andere Strecken aus.

Von Dominik Hutter

Start ist am Freitag gegen 21.30 Uhr, Normalverkehr herrscht erst wieder Montagfrüh. Während der Sperrung nimmt die Bahn ihr neues Signalsystem plus elektronisches Stellwerk in Betrieb - eine Voraussetzung für den Zehn-Minuten-Takt auf vier Außenästen, der zum Fahrplanwechsel am 12.Dezember eingeführt wird.

Für die Fahrgäste heißt es am Wochenende: umsteigen! (Foto: Grafik: SZ)

Für die Fahrgäste bedeutet das mal wieder: umsteigen. Die temporären Endstationen heißen im Westen Pasing (S6 und S8), Heimeranplatz (S5) und Hauptbahnhof oberirdisch (Starnberger Flügelbahnhof; S1, S2 und S4). Im Osten wird am Ostbahnhof (S2, S5, S6 und S8) oder in Giesing (S7) umgedreht. Haltestellen der Stammstrecke werden in jedem Fall ausgespart - so fährt die S1 zwischen Moosach und Hauptbahnhof nonstop. Gleiches gilt für die S2 zwischen Obermenzing und Hauptbahnhof sowie die S4 zwischen Pasing und Hauptbahnhof. Die S6-Ost hält nicht am Leuchtenbergring. Auf den Außenstrecken rollt die S-Bahn hingegen ganz normal nach Fahrplan.

Zwischen Pasing und Hauptbahnhof dürfen MVV-Fahrgäste die Züge des Regional- und Fernverkehrs mitbenutzen. ICE goes MVV sozusagen. Ansonsten muss man entlang der verwaisten Stammstrecke auf Pendelbusse ausweichen, die tagsüber im Fünf-Minuten-Takt, abends alle zehn und nachts alle 20Minuten fahren und dabei an sämtlichen Stammstrecken-Stationen Halt machen. Zwei Linien gibt es - den Pendelbus West zwischen Pasing und Hauptbahnhof sowie den Pendelbus Ost zwischen Haupt- und Ostbahnhof. Zusätzlich wird der U-Bahn-Verkehr verstärkt.

Signalsystem aus dem Jahr 1972

Sobald der S-Bahn-Betrieb auf der Stammstrecke eingestellt und die Oberleitung abgeschaltet ist, rücken acht Arbeitszüge in die 11,4 Kilometer lange Strecke ein. 130 Bahn-Arbeiter und Techniker bauen das alte, noch von 1972 stammende Signalsystem ab und schalten auf die neuen Signale sowie das elektronische Stellwerk um. Anschließend muss die neue Anlage vom Eisenbahn-Bundesamt abgenommen werden. Als finaler Test wird mit drei S-Bahn-Zügen die gesamte Strecke Probe gefahren.

Die 349 neuen Signale sowie 330 Kilometer Kabel sind mitsamt weiteren Zugsicherungseinrichtungen - 189 Achszählkreise, 719 Gleismagnete - bereits während der vorangegangenen Stammstrecken-Sperrungen montiert worden. Streng genommen handelt es sich bei diesen Signalen künftig nur noch um die Rückfallebene, falls das für den Zehn-Minuten-Takt erforderliche Hochleistungs-System einmal ausfällt. Die so genannte Linienzugbeeinflussung (LZB) ermöglicht Fahren "auf elektronische Sicht", das Signalsystem befindet sich dann am Armaturenbrett des Zuges. Auch LZB-Kabel sind bereits verlegt, werden aber erst Ende Oktober aktiviert.

© SZ vom 26.08.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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