Ryan Adams & The Cardinals:Perfekte Tarnung

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Ryan Adams plauderte über fehlende Schneemänner in der Stadt und dieses eigenartige Leben auf Tour, dann räkelte er sich vor dem Mikrofon und sang Lieder über Leid und Liebe.

Ralf Dombrowski

Der Kontrast war frappierend. Draußen vor der Tonhalle trister Nieselregen und Horden unterhaltungswilliger Nachtschwärmer auf der Suche nach dem bisschen Erleben, das das Wochenende vom Alltag unterscheiden könnte. Drinnen auf der Bühne dieser um Konzentration ringende junge Mann aus Jacksonville in North Carolina, der, allein in einen Strahl liladunkles Licht getaucht, als Zugabe fragile Lieder über Leid und Liebe anstimmt.

Sang Lieder über Leid und Liebe: Ryan Adams. (Foto: Foto: dpa)

Zuvor plauderte Ryan Adams auch über fehlende Schneemänner in der Stadt und dieses eigenartige Leben auf Tour, das einen an Orte verschlägt, wohin man sonst nie gekommen wäre - ein wenig seltsam, aber charmant. Quantität trifft Qualität, so etwas ist in München nur auf dem Gelände der Kultfabrik möglich, diesem unwirklichen Vergnügungsraumschiff, das in der Nähe des Ostbahnhofs gelandet ist.

Zum Konzert selbst gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Ryan Adams kam mit seinen vier Cardinals, sang ruhige, verständnisvolle, manchmal ein wenig ironische Verse über das Leben im Stil eines etwas behäbigen, im Tempo selten über den Ruhepuls des Publikums hinausgehenden Country Folks. Er ließ sich viel Zeit mit dem Umschnallen von Instrumenten und dem Einstimmen der Lieder, fing einen Song drei Mal an, weil er den Kapodaster auf den falschen Bund seiner Gitarre geklemmt hatte. Er räkelte sich auffallend gebeugt zu seinem Mikrofon, sprach und sang mit leiser Stimme: Ganz der schüchterne Südstaaten-Junge eben, der nicht ganz wahrhaben will, dass er zumindest ein bisschen ein Star sein könnte.

Mag sein, dass das Tarnung war, geschicktes Understatement eines Workaholics, der in Wirklichkeit reihenweise Platten veröffentlicht und auch schon so manchen kleineren Hit vorweisen kann. Wenn dem so war, dann hat er es allerdings gut gemacht. So gut, dass ihn sein Publikum am Ende des Konzerts am liebsten umarmt hätte.

© SZ vom 26.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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