Rücktritt oder Verlängerung?:"Der Kardinal ist gut beisammen"

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Erst klang es so, als wolle er sein Amt abgeben - jetzt stellt sich heraus, dass Kardinal Wetter dem Erzbistum München noch länger erhalten bleibt. In der Kirche gehen die Uhren anders.

Ruth Schneeberger

Am Vormittag meldeten die Agenturen, dass Kardinal Wetter, Erzbischof von München und Freising, von seinem Amt zurücktreten wolle. Für den Mittag lud das Bischöfliche Ordinariat München zur Pressekonferenz - und beeilte sich, zu verkünden, dass dies kein echter Rücktritt sei. Es handele es sich vielmehr um eine übergangsweise Verlängerung seiner Amtszeit in anderer Form.

(Foto: Foto: ddp)

Wetter habe dem Papst schon vor mehr als vier Jahren, im Dezember 2002, seinen Rücktritt angeboten. Das sei so üblich im Kirchenrecht: Sobald ein Diözesanbischof 75 Jahre alt werde, biete er dem Papst die Niederlegung seiner Ämter an. Papst Johannes Paul II. habe das Gesuch aber damals nicht angenommen. Deshalb musste Wetter weitermachen.

Juristischer Kunstgriff

Nun steht mit dem 20. Februar Wetters 79. Geburtstag vor der Tür, in genau einem Jahr also der 80., und deshalb hat der Kardinal den Papst bei einem Gespräch erneut an den gewünschten Amtsverzicht erinnert. Inzwischen ist Papst Benedikt im Amt, Wetters Vorgänger in München - und er hat Wetter nun von seinen Ämtern befreit.

Nicht aber, ohne Wetter darum zu bitten, seine Arbeit trotzdem weiterzumachen - bis ein Nachfolger für ihn gefunden wurde. Und zwar als "Apostolischer Administrator", ausgerüstet mit allen Rechten und Pflichten wie bisher, wie der Offizial Domdekan Lorenz Wolf erklärt.

Ein rein juristischer Kunstgriff also, es bleibt in der Praxis zunächst alles beim alten - allerdings wurde damit die Suche nach einem Nachfolger eingeleitet. Bis dahin aber sei München durch diese seltene Lösung nicht ohne Bischof.

"Aus Dankbarkeit gegenüber dem Heiligen Vater und aus meiner Verbundenheit mit ihm und den Gläubigen unseres Bistums bin ich gern bereit, diesen mir angetragenen Dienst zu übernehmen", sagt Friedrich Kardinal Wetter. Das Erzbistum sei ihm lieb geworden.

Geheime Listen

Auch in Rom ist man froh über die Entscheidung Wetters, seine Arbeit weiter zu machen, bis es einen Nachfolger gibt. Die Suche nach einem neuen Bischof nämlich kann lange dauern. Mindestens Monate, manchmal auch Jahre. Nicht nur deshalb, weil ein neuer Bischof für München gut inspiziert sein möchte, sondern auch deshalb, weil ein langwieriger juristischer Prozess dafür in Gang gesetzt werden muss. Für die infrage kommenden Nachfolger gibt es geheime Listen, außerdem erstellt das Erzbischöfliche Ordinariat ad hoc eine neue.

Möglicherweise sei diese Lösung eine erste Reaktion darauf, dass erst kürzlich in Rom bemängelt wurde, die bischofslose Zeit während der Suche nach einem Nachfolger sei beschwerlich, vermutet Generalvikar Domkapitular Robert Simon.

"Ich bin sein engster Mitarbeiter", so Simon. Nach dem Gesundheitszustand des Kardinals befragt, könne er durchaus sagen, dass dieser "gut beisammen" sei. Dessen Schwester sei schließlich auch über 90 Jahre alt geworden - der Terminkalender für das kommende Jahr sei jedenfalls voll.

Friedrich Kardinal Wetter selbst bittet die Gläubigen, "für einen guten Nachfolger auf dem Bischofsstuhl des heiligen Korbinian zu beten. So erweisen wir Verbundenheit mit dem Heiligen Vater, dem sein Heimatbistum so sehr am Herzen liegt."

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