Rentner ersticht Ehefrau:Tragödie aus Eifersucht

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Er war eifersüchtig und erstach seine Frau - nach 40 Ehejahren. Nun droht ihm die Unterbringung in der Psychiatrie.

Alexander Krug

So wie er auf der Anklagebank kauert, wirkt er fast ein wenig verloren, entrückt wäre vielleicht sogar das bessere Wort. Hans H. (alle Namen geändert) hat die Hände gefaltet und scheint dem zu lauschen, was ihm vorgeworfen wird. Ob er indes wirklich realisiert, was um ihn herum im Saal des Landgerichts passiert, ist nur schwer einzuschätzen.

(Foto: Foto: dpa)

Der 76-Jährige leidet an Demenz, und deshalb geht es aus juristischer Sicht nur um die Frage, ob er für immer in der Psychiatrie bleiben muss. Dort ist er seit dem 30. Juni vergangenen Jahres untergebracht. An jenem Tag hat Hans H. nach 40 glücklichen Ehejahren seine Frau erstochen.

,,Die Anklage ist richtig, er übernimmt die Verantwortung und steht dazu.'' Anstelle des Angeklagten übernimmt es Verteidiger Markus Meißner, eine Erklärung für seinen Mandanten abzugeben.

Hans H. habe ,,keine hundertprozentige Erinnerung'' mehr an die Tat, er wisse nur noch, dass es Streit gab und er Angst davor gehabt habe, entmündigt zu werden. ,,Er fühlte sich in die Ecke gedrängt und nicht mehr ernst genommen'', sagt Meißner. Im Verlauf des Streits habe er ein Küchenmesser genommen und damit auf seine Frau eingestochen.

Danach habe er vergeblich versucht, sich die Pulsadern zu öffnen. ,,Mein Mandant hat seine Frau bis zuletzt sehr geliebt. Seit ihrem Tod sieht er keinen Sinn mehr im Leben. Er nimmt jede Strafe an, die sie ihm geben.''

Hans H. schweigt zu all dem, sein maskenhaftes Gesicht lässt keinerlei Regung erkennen. Auch als sein Sohn Robert in den Zeugenstand tritt und gleich darauf in Tränen ausbricht, zeigt Hans H. keine Gefühlsregung.

Robert H. ist Sachbearbeiter und selbst verheiratet. Bis zuletzt lebte er mit den Eltern unter einem Dach in einer kleinen Siedlung am nördlichen Rand von München.

Als er 1943 geboren wurde, waren die Eltern noch nicht verheiratet, erst 1966 schlossen sie den Bund fürs Leben. ,,Es war immer eine sehr innige Beziehung'', sagt Robert H., ,,über die Jahrzehnte hat sich fast eine Hörigkeit entwickelt.''

Hans H. fuhr Taxi, Else H. arbeitete halbtags als Sachbearbeiterin. 1995 ging Hans H. in Rente, fünf Jahre später seine Frau. Von diesem Zeitpunkt an gab es offenbar häufiger Krisen, weil Else H. für ihren Lebensabend andere Pläne hatte als ihr Mann. ,,Sie war eine lebensfrohe Natur'', sagt ihr Sohn. ,,Sie wollte verreisen, wandern, schwimmen, einfach noch etwas erleben.''

Sein Vater dagegen begnügte sich mit seinem Aquarium und seinen Tauben; wenn Verwandte zu Besuch kamen, zog er sich in eine stille Ecke zurück. ,,Er hatte keine Lust, und Mama unternahm immer mehr allein.''

Als zunehmend belastend habe sich zudem die Eifersucht seines Vaters ausgewirkt. Immer öfter habe es Streit gegeben um vermeintliche Liebhaber der Ehefrau. ,,Aber da war überhaupt nichts. Er hat sich da immer mehr reingesteigert und sich Sachen zusammengedichtet'', erzählt Robert H.

Irgendwann sei es wegen der krankhaften Eifersucht auch zu ersten Tätlichkeiten gekommen. Dies hätte sich zwar auf ein kräftiges Zupacken am Oberarm beschränkt, doch die Mutter sei empört gewesen und habe die Polizei alarmiert.

Hans H. wurde daraufhin für drei Wochen in die Psychiatrie eingewiesen. ,,Meine Mutter hat gesehen, dass er Hilfe braucht'', sagt Robert H. Sein Vater sei jedoch empört über die Einweisung gewesen und habe seiner Frau Vorwürfe gemacht. ,,Er konnte nach all den Jahrzehnten die Entfremdung zwischen ihnen nicht verkraften.''

Für Anfang Juli hatte Else H. einen Termin bei einem Anwalt vereinbart. ,,Es ging um die Geschäftsfähigkeit meines Vaters und auch um die finanziellen Folgen einer möglichen Trennung'', sagt Robert H. Zu diesem Termin kam es nicht mehr.

Das Landgericht hat für den Prozess drei Verhandlungstage angesetzt.

© SZ vom 9.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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