Rechtsextreme sorgen für Eklat im Landtag:Neue Taktik der Neonazis

Lesezeit: 2 min

Ein ehemaliger Landeschef der ,,Jungen Nationaldemokraten'' stört Eröffnung einer Ausstellung der SPD.

Stefan Fößel

Plötzlich stand er für wenige Minuten im Mittelpunkt, der schwarzhaarige junge Mann, der sich mit den Worten eingeführt hatte: ,,Ich bin bekennender nationaler Sozialist.'' Also einer, um den es eigentlich geht bei der Wanderausstellung ,,Rechtsradikalismus in Bayern'', die am Dienstag in der SPD-Fraktion des Bayerischen Landtags eröffnet worden ist.

In 14 Schaubildern werden die verschiedenen rechtsextremen Gruppierungen, deren Entwicklungen, Strategien und Straftaten dargestellt. Dass allerdings zur Ausstellungseröffnung ein leibhaftiger Rechter auftauchen würde, um nach den Eröffnungsreden seine ideologieverbrämte Sicht der Dinge unters Volk zu bringen, dürfte wohl kaum ein Gast erwartet haben.

Kurz zuvor hatte Andreas Angerstorfer von der Universität Regensburg, einer der Initiatoren der Ausstellung, noch darauf hingewiesen, dass die Rechtsextremen ,,in Schlips und Kragen'' gefährlicher seien als die in Springerstiefeln. Das Erscheinungsbild dieser Klientel sei weniger martialisch geworden, hinzu kämen neue Strategien wie die der ,,Wort-Ergreifung''.

Mike Nwaiser trug weder Schlips noch Springerstiefel, sondern unauffällige schwarze Straßenkleidung, als er das Wort ergriff. Der 23-Jährige, der im vergangenen Jahr noch Landeschef der ,,Jungen Nationaldemokraten'' war, versuchte zu leugnen, zu relativieren und zu polemisieren, Medienschelte zu betreiben und die Ausstellung schlecht zu reden. Unendliche Minuten lang.

Ratlose Reaktionen

Aber wie geht man richtig mit ,,echten'' Rechten um, bei einer Ausstellung zum Thema Rechtsradikale? Die Besucher der Ausstellung waren unterschiedlicher Auffassung. ,,Es will dich hier keiner, warum schleichst di net?'', fragten die einen oder ,,Wer hat den denn eingeladen?''. ,,Lasst ihn doch reden, der hat sowieso nichts drauf'', forderten andere. Eine Frau rief: ,,Mit ihnen kann man nicht diskutieren.

Leute wie sie haben meinen Sohn zusammengeschlagen.'' SPD-Fraktionsvorsitzender Franz Maget wollte den rechten Redner mit ruhigen Worten zum Gehen bewegen, viele der 60 Gäste verließen demonstrativ den Ausstellungsort, andere wirkten ob der Dreistigkeit sichtlich geschockt und saßen wie versteinert an ihren Tischen.

Der Diskussionskreis um Nwaiser wurde derweil immer kleiner, ehe ihn Michael Langer, der Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion, nach draußen bat. Schließlich wurde gegen Nwaiser und seinen Begleiter ein Hausverbot ausgesprochen, begleitet von zwei Polizisten verließen die beiden Störer das Maximilianeum.

Die Organisatoren sind Zwischenfälle dieser Art derweil schon fast gewöhnt. ,,Mich wundert es, dass nur zwei von denen da waren'', sagt Angerstorfer. In der Weidener Max-Reger-Halle ging es im November 2006 deutlich lauter zu, als bei der dortigen Ausstellungseröffnung 20 Rechte die Fäuste hoben, Fahnen schwenkten und Parolen skandierten.

Als Horst Schmidt von der Friedrich-Ebert-Stiftung, der ebenfalls für die Ausstellung ,,Rechtsradikalismus in Bayern'' verantwortlich ist, im September 2006 in Erding einen Vortrag über Rechtsextremismus halten wollte, bestand ein Drittel seiner Zuhörerschaft aus jungen Neonazis, die versuchten, die Diskussion an sich zu reißen.

Schmidt sieht diese Entwicklung mit Bedauern, spricht aber dennoch vom großen Erfolg einer Ausstellung, die heuer bayernweit von 48 Schulen, Kommunen und Vereinen bestellt worden ist. Das sind mehr als doppelt so viele wie im vergangenen Jahr. ,,Wir können nur immer wieder aufklären, informieren und Mut machen'', sagte Schmidt.

Zivilcourage sei gefragt, Möglichkeiten dazu gebe es viele. Für Angerstorfer ist bedenklich, dass die Rechten bei Jugendlichen Boden gut machen: ,,Über Musik und Jugendorganisationen haben sie viele junge Anhänger dazugewonnen'', sagt er.

,,Wo sich Staat, Kirche und Vereine aus der Jugendbetreuung zurückziehen, stehen die Rechten oft schon bereit.'' Auch immer mehr Frauen fühlten sich von diesen Gruppen angezogen, seit diese sich nicht mehr mit Springerstiefeln und Glatze uniformieren.

Nwaiser rühmt sich derweil im Internet, die SPD-Fraktion ,,blamiert'' zu haben. Insgesamt sei ,,ein halbes Dutzend Nationaler Sozialisten'' bei der Ausstellungseröffnung gewesen, von denen einige der ,,unerkannten Nationalisten'' die Stimmung weiter angeheizt hätten.

© SZ vom 83.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: