Rat Pack:Sexy Machos

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Die Swingshow "The Rat Pack" im Deutschen Theater lässt erahnen, wie es war, als sich Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr. um das Piano versammelten, zusammen tranken und Witzchen rissen.

Nina Berendonk

Sie müssen so richtig widerlich gewesen sein, diese drei: Frank Sinatra mit dem Gangster-Brilli am kleinen Finger, der ewig blaue Dean Martin mit der Italo-Schmalzlocke und der manische Sammy Davis Junior in den Hochwasser-Hosen: selbstverliebte Machos, die sich für nichts anderes interessierten als für Drogen, Glücksspiel und den nächsten One-Night-Stand.

Soweit die feministisch angehauchte Theorie. In Wahrheit bekam wahrscheinlich auch die emanzipierteste Zuschauerin bei der Premiere des Musicals "The Rat Pack - Live from Las Vegas" im Deutschen Theater folgende drängende Fragen nicht mehr aus ihrem Kopf: Warum tragen eigentlich heutzutage nur noch so wenige Männer diese hoch kleidsamen, schmalen Smokings? Und warum können so wenige so prima singen, steppen und tanzen wie die damals? Und überhaupt: Kann so ein bisschen macho nicht auch ein bisschen sexy sein?

Beängstigend echt

Denn abgesehen vom Bühnenbild, das doch mehr an "Wetten, dass...?" erinnert als an das Sands Hotel in Las Vegas, ist diese Show nahezu perfekt, fast beängstigend echt. Wenn Stephen Triffitt als "Old Blue Eyes" im Lichtkegel steht, das Mikrokabel elegant um die Hand geschlungen, wenn Dean Martin-Darsteller Timothy Sell mit dem Whisky-Glas über die Bühne stolpert und sein schiefes Zahnpasta-Lächeln blitzen lässt, bevor er wieder die Samtstimme erhebt, dann wird man das Gefühl nicht los, soeben von einer Zeitmaschine ausgespuckt worden zu sein.

Genau so war es wohl, wenn sich das "Rat Pack" in den 50ern und 60ern im Sands um das Piano versammelte, zusammen trank, Witzchen riss und ab und zu mal Songs wie "Strangers in the night", "That's amore" oder "Mack the knife" vortrug. Den Machern der Show gelingt diese Illusion mit jener Akribie und professionellen Beiläufigkeit, die vielen US-Produktionen ebenso eigen ist wie das Gefühl dafür, wie man mit einem Song zum richtigen Zeitpunkt einem ganzen Saal feuchte Augen macht. Das ist eben Showbizz - aber extrem schönes. Bis 28. November.

© SZ vom 6.11.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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