Prozess wegen Kindesmissbrauch:Ex-Jugendtrainer vor Gericht

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Ein ehemaliger Jugendfußballtrainer verging sich regelmäßig an einem minderjährigen Jungen. Vor Gericht hat er die Tat gestanden. Ihm drohen siebeneinhalb Jahre Haft.

Alexander Krug

"Ich hab' ihm total vertraut", sagt die Mutter mit Tränen in den Augen. Thomas S., 32, hat dieses Vertrauen schändlich missbraucht. Über mehr als zwei Jahre hinweg verging sich der ehemalige Jugendfußballtrainer regelmäßig an ihrem minderjährigen Sohn und filmte die Übergriffe auch noch mit einer Videokamera.

Seit Donnerstag sitzt Thomas S. auf der Anklagebank im Landgericht. Weil er geständig ist, kann er auf eine Strafmilderung hoffen, die Kammer hat bereits ein Strafmaß von sieben Jahren und sechs Monaten Haft signalisiert.

Ende 2006 hatte der gelernte Industriekaufmann in einem Baumarkt die Eltern des damals zehnjährigen Jungen kennengelernt. Nach und nach erschlich er sich das Vertrauen der Familie mit insgesamt fünf Kindern, die auch kein Misstrauen schöpfte, wenn ihr Kind mehrere Tage beim Angeklagten in dessen Wohnung übernachtete.

"Vielleicht war die Mutter auch mal ganz froh, wenn sich jemand um den Bub kümmerte", meinte der Angeklagte. Er jedenfalls habe alles für den Jungen getan, sei mit ihm zum Fußball oder ins Schwimmbad gegangen. Anfang 2007 sei es zu "ersten sexuellen Handlungen" gekommen, gesteht er. "Ich bin auch auf die Idee gekommen, es zu filmen, damit wir es uns hinterher anschauen können."

Der Missbrauch geschah stets in der Wohnung des Angeklagten, der auf dem Bauernhof der Eltern im Münchner Norden einen abgetrennten Bereich bewohnte. Seine Eltern hätten die ständigen Besuche des Kindes nicht gewollt, sagt Thomas S., er habe den Jungen daher über eine Terrassentür oder ein Badezimmerfenster in seine Wohnung gelotst: "Das war ein richtiges Versteckspiel." Ob seine Eltern vielleicht Übergriffe befürchtet hätten, will der Richter wissen. "Kann sein", weicht der Angeklagte aus.

Die Anklage wirft dem 32-Jährigen, der einen Fußballtrainerschein hat und bei verschiedenen Vereinen Kinder und Jugendliche trainierte, nicht nur schweren sexuellen Missbrauch vor. Er soll sein Opfer auch noch zum Dieb gemacht haben: Laut Anklage schickte er den - strafunmündigen - Jungen in Arztpraxen, um dort Rezeptblöcke zu stehlen.

Diese füllte er dann eigenhändig mit fingierten Namen aus, um sich in Apotheken Psychopharmaka zu beschaffen, mit denen er einen schwunghaften Handel betrieb. Diese Diebstähle wurden ihm dann allerdings zum Verhängnis. Als die Polizei wegen der Rezeptfälschungen seine Wohnung durchsuchte, stieß sie auf der Festplatte seines Computers auf die Bilder vom Missbrauch. Seit Mai vorigen Jahres sitzt er in Untersuchungshaft.

Mit Einverständnis aller Beteiligten hat die Kammer Thomas S. eine Strafe von siebeneinhalb Jahren Haft in Aussicht gestellt, wenn er ein Geständnis ablegt. Durch diese Absprache bleibt dem heute 13-jährigen Opfer eine Aussage vor Gericht erspart. Der Angeklagte hat dieser Vereinbarung bereits zugestimmt.

Die Mutter, die den Prozess mit ihrem Anwalt Joachim Schwarzenau verfolgt, ist am Boden zerstört. Weinend verlässt sie am Nachmittag den Saal, als Thomas S. Details des Missbrauchs schildert. "Wut und Hass" empfinde sie dem Angeklagten gegenüber.

Ihr Sohn habe sich ihr nie anvertraut, weil der Angeklagte gedroht habe, sich dann an der Familie zur rächen. "Wenn der wieder rauskommt, holt er sich das nächste Kind", zürnt sie.

Der Prozess wird am 18. März fortgesetzt.

© SZ vom 12.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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