Prozess um Korruption bei BMW:Die Geldgier des Herrn Doktor

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Üblicherweise brachte er 50.000 Euro zum Abendessen mit. Nun wurde der Geschäftsführer einer Automobilzulieferfirma wegen Bestechung und Untreue zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Prozess um den Korruptionsfall bei BMW brachte Details ans Licht über dicke Kuverts, skrupellose Forderungen und die Angst vor einer Anzeige.

Alexander Krug

Wenn sich der BMW-Manager Günther L., 56, und Richard H., 49, Geschäftsführer einer Automobilzulieferfirma, im Restaurant "Käfer" trafen, dann delektierten sie sich nicht nur an erlesenen Speisen.

Jahrelang funktionierte das Korruptionssystem problemlos, jetzt wurde Richard H. wegen Bestechung und Untreue verurteilt. (Foto: Foto: ddp)

Stets ging auch ein dickes Kuvert mit Bargeld über den Tisch, üblicherweise 50.000 Euro. Jahrelang funktionierte die Schmiergeld-Übergabe reibungslos, erst 2005 flog das Korruptionssystem auf.

Günther L. wurde im vergangenen Herbst als erster verurteilt und bekam drei Jahre Haft wegen Bestechlichkeit. Am Freitag nahm Richard H. auf der Anklagebank im Landgericht Platz. Der Vorwurf: Bestechung und Untreue.

Richard H. stammt aus Österreich. Der studierte Maschinenbauer hatte sich dort bei einer international bekannten Zulieferfirma vom einfachen Angestellten zum hochdotierten Entwickler hochgearbeitet - mit einem Jahreseinkommen von zuletzt 400.000 Euro.

"Ich sehe mich eher als praktischen Menschen", sagt der Angeklagte von sich selbst. Als Praktiker entwickelte er ein System, das die Herstellung der Innenverkleidung von Autos revolutionierte und vor allem die Kosten um ein Drittel senkte.

Einer der Abnehmer war BMW, und hier wiederum war Manager Günther L. für den Einkauf zuständig. Wer nun wen als erster korrumpierte, ist unklar. In seinem Prozess hatte Günther L. behauptet, er habe sich zu den Manipulationen "breitschlagen" lassen.

"Von Geldgier zerfressen"

Richard H. zeichnet dagegen ein anderes Bild. Einer Erklärung seiner Anwälte Thomas Pfister und Michael Adams zufolge war Günther L. die "treibende Kraft". Der promovierte Ingenieur sei in der Szene als "linker Doktor" bekannt gewesen und habe als einer "von der ganz üblen Sorte" gegolten. Im Umgang mit den Zulieferfirmen habe er sich durch "unglaubliche Brutalität" ausgezeichnet und sei "von Geldgier zerfressen" gewesen.

Tatsache ist, dass sich Günther L. von mehreren Zulieferfirmen mit insgesamt einer Million Euro schmieren ließ. Etliche Strafverfahren sind in dieser Hinsicht noch anhängig. Der Manager ließ sich auch Luxusreisen finanzieren und verschmähte selbst Gutscheine für Nobelrestaurants und eine Skiausrüstung nicht.

Besonders pikant: Nach Angaben des Angeklagten forderte Günther L. sogar dann noch Geld, als der Korruptionsskandal längst aufgeflogen war. Nur Tage nach seiner Haftentlassung soll er von Richard H. nochmals 50000 Euro verlangt haben.

Der Angeklagte entschuldigt sich für sein "Fehlverhalten", betont aber, dass er sich niemals selbst bereichert habe, sondern nur seiner Firma habe helfen wollen. Auch BMW sei kein Schaden entstanden. Die 300.000 Euro Schmiergeld an Günther L. seien in andere Rechnungen "miteingeflossen". Der Leidtragende in diesem Fall war eine Zulieferfirma in der Schweiz, die mittels überhöhter Rechnungen geprellt wurde.

Angst, "dass mir niemand glaubt"

"Das alles hat mich sehr belastet", sagt Familienvater Richard H. Er habe gewusst, "dass das nicht richtig ist", und deshalb auch erwogen, die Machenschaften von Günther L. bei BMW anzuzeigen. Letztlich aber habe er davon wieder Abstand genommen. Er habe Angst davor gehabt, "dass mir niemand glaubt".

Günther L. ist längst von BMW entlassen worden, auch Richard H. ist aus seiner Firma ausgeschieden - mit immerhin 340.000 Euro Abfindung. Er will zwar nicht mehr für einen Großkonzern arbeiten, seine Entwicklertätigkeit aber nicht aufgeben. Das Landgericht verurteilt ihn wegen Bestechung und Untreue zu zwei Jahren Haft mit Bewährung und 100.000 Euro Geldbuße, die an eine gemeinnützige Einrichtung gehen.

Eines will Anwalt Pfister noch wissen: Warum bei einem Weltkonzern wie BMW alle internen Kontrollsysteme so versagen, fragt er einen ermittelnden Kripobeamten. Dessen Antwort ist nüchtern: "Wenn zwei Menschen so kriminell werden, können Sie nichts machen."

© SZ vom 23.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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