Prozess:Streit um den "großen Husten"

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Das BR-Gesundheitsmagazin nennt das angebliche Wundermittel Umckaloabo unwirksam - die Pharmafirma wehrt sich.

Ekkehard Müller-Jentsch

"Kennen Sie Umckaloabo? Auf diese Frage gibt es eine ziemlich typische Antwort: ,,Nicht genau, aber meine Mutter nimmt das auch."

Die Mittel mit dem unaussprechlichen Namen Umckaloabo: Hilft es oder hilft es nicht? (Foto: Foto: oh)

Ob auch die Mütter der drei Richter von der 9. Zivilkammer am Landgericht München I diesen Pflanzenextrakt schlucken, wissen wir nicht. Aber so ganz geläufig schien den Juristen dieses Naturpräparat jedenfalls nicht zu sein.

Dabei ist es ein gewaltiger Umsatzhammer: Mit ihrem Umckaloabo nimmt die Spitzner PharmaGmbH rund 55 Millionen Euro im Jahr ein. Weil das sehr viel Geld für einen eher unscheinbaren Wurzelsud ist, reagiert die Firma ziemlich allergisch, wenn jemand behauptet, das Zeug sei unwirksam.

Der Bayerische Rundfunk hatte sich am 13. November in seiner vielgesehenen ,,Sprechstunde'' mit der Frage beschäftigt, ob es eine sinnvolle Vorbeugung gegen Schnupfen, Husten und Gliederschmerzen gebe.

Das Fazit lautete sinngemäß: Gegen Erkältung sei kein Kraut gewachsen, dafür aber viele Mythen - und solch ein falscher Wunderglaube sei auch der an das sagenhafte Umckaloabo aus dem fernen Afrika.

"Subjektiv besser gefühlt"

Das hält die Pharfmafirma für eine falsche Tatsachenbehauptung und geht presserechtlich gegen den BR vor. In der Gerichtsverhandlung vor der Pressekammer machte der Vorsitzende Richter Thomas Steiner gleich deutlich, dass dieses Gericht keinen Glaubenskampf unter Wissenschaftlern entscheiden könne.

Denn die streitenden Parteien hatten die Zivilkammer reichlich mit wissenschaftlichen Dokumentationen zum Pro und Kontra eingedeckt. BR-Anwalt Gerd Hegemann räumte allerdings ein, bei einer Erkältung früher auch schon Umckaloabo eingenommen und sich danach ,,subjektiv besser gefühlt'' zu haben.

Umso erstaunter war er, als der Vertreter der Pharma-GmbH einräumen musste, dass der Saft eigentlich nur als Medikament gegen akute Bronchitis vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen sei.

Das Gericht nutzte das zu einem Vergleichsvorschlag: Der BR solle künftig zwar darauf hinweisen, dass das Medikament wissenschaftlich umstritten ist, aber auch, dass es vom Bundesamt zugelassen und damit als wirksames Mittel gegen Bronchitis eingestuft worden sei. Beide Parteien haben Bedenkzeit bis Anfang Januar.

Umckaloabo wird aus der Wurzelknolle einer lilafarbenen Geranienart extrahiert. Die ,,Pelargonium sidoides'' ist früher im Kapland Südafrikas nur wild gewachsen, wird nun aber auch auf Plantagen angebaut. Nach Europa kam diese Pflanze schon 1897: Der an Lungentuberkulose (Tbc) erkrankte Engländer Charles Henry Stevens war von einem Zulu-Medizinmann mit dem Wurzelextrakt behandelt und geheilt worden.

Stevens hielt ,,Umckaloabo'' irrtümlich für den Pflanzennamen. Tatsächlich stehen die Zulu-Wörter ,,umkhuhlane'' für fiebrige Krankheiten und ,,uhlabo'' für Brustschmerz - in der Zulu-Sprache bedeutet Umckaloabo etwa ,,großer Husten''.

Wer es weniger exotisch mag, kann auf ein altes deutsches Hausmittel zurückgreifen: Zwiebelhustensaft, ihm wird eine antibakterielle, stärkende, schleimlösende und harntreibende Wirkung nachgesagt.

500 Gramm Zwiebeln schälen, zerkleinern, mit 30 Gramm Kandiszucker in einem Liter Wasser erhitzen, drei Stunden bei kleiner Hitze ziehen lassen, abkühlen, durchsieben, 80 Gramm Honig hinzufügen. In akuten Fällen pro Tag bis zu fünf Esslöffel des leicht angewärmten Sirups einnehmen.

© SZ vom 20.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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