Prozess gegen Rettungssanitäter:Leben gerettet - Geldstrafe folgt

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Uwe K. rettet das Leben einer Frau - und verliert seinen Job, weil er die Regeln missachtet hat.

Alexander Krug

Menschen in Not zu helfen, war sein Job. Viele Jahre war Uwe K., 46, als Rettungssanitäter für das Bayerische Rote Kreuz im Einsatz. Dass er wegen eines Rettungseinsatzes erst seinen Job verlor und nun auch noch auf der Anklagebank im Amtsgericht sitzt, kann er nicht verstehen.

(Foto: Foto: dpa)

Doch die Staatsanwaltschaft ist unerbittlich. Sie hat ihn wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt und stützt sich dabei vor allem auf die Dienstvorschriften.

Am 26. August 2005 wurde Uwe K. zu einem Einsatz beim "Aumeister" im Englischen Garten gerufen. Die Rentnerin Gerlinde M. war nach einem Krampfanfall gestürzt und bewusstlos. Nachdem er Puls und Blutdruck gemessen hatte, entschied sich Uwe K., die Frau ins etwa 30 Minuten Fahrzeit entfernte Klinikum Großhadern zu transportieren.

Ausdrücklicher Wunsch des Ehemanns

Damit habe er gleich gegen mehrere Richlinien verstoßen, werfen ihm die Ankläger vor. Er habe weder Blutzucker- noch Kreislaufparameter bestimmt, kein EKG gemacht und es vor allem versäumt, einen Notarzt hinzuzuziehen. Dies sei bei bewusstlosen Patienten ausdrücklich in den Dienstvorschriften für Rettungssanitäter festgehalten. Außerdem hätte er ein näher gelegenes Krankenhaus anfahren müssen.

"Für mich war die Frau in einem stabilen Zustand", verteidigt sich Uwe K., "alle Wert waren im Normbereich." Die Rentnerin sei zwar bewusstlos gewesen, doch für eine Notarzt-Alarmierung habe er keine Notwendigkeit gesehen. Und die Fahrt nach Großhadern sei ausdrücklicher Wunsch des Ehemanns der Rentnerin gewesen.

Ehemann Bernd M., 72, bestätigt dies. Seine Frau habe seit einer Tumor-Gehirnoperation immer wieder Krampfanfälle erlitten. Seit Jahren sei sie deswegen auch in Großhadern in Behandlung gewesen. Nach dem Anfall im Englischen Garten sei sie allerdings vier Monate auf der Intensivstation gelegen. Immerhin, so der Zeuge, "geht es ihr heute wieder ausgezeichnet". Bernd M. hatte dennoch Strafanzeige gestellt, wobei ihm dabei offenbar ein Sohn zur Seite stand, der selbst Arzt ist.

"Zwingend geboten"

Für den als Gutachter geladenen Rechtsmediziner Randolph Penning wäre damals die Verständigung eines Notarztes "zwingend geboten" gewesen. Ein Krampfanfall mit Bewusstlosigkeit könne alle möglichen Ursachen haben, etwa eine Hirnblutung. Deshalb sei die Notarzt-Verständigung ja auch Teil der Dienstvorschriften.

Der Amtsrichter macht Uwe K. nach dieser Expertise wenig Hoffnung auf einen Freispruch. Er rät zu einer Rücknahme des Einspruches gegen den Strafbefehl, der mit 30 Tagessätzen zu je 30 Euro ohnehin am unteren Rande liege. Die Staatsanwältin spricht sogar von einem "groben Pflichtverstoß". Sie besteht ebenfalls auf einer Verurteilung.

Uwe K. bespricht sich mit seinem Anwalt, dann akzeptiert er die 900-Euro-Geldstrafe doch noch. Seinen Job als Sanitäter ist er inzwischen los, nach "einvernehmlicher Trennung", wie es heißt. Er arbeitet seither als Lagerarbeiter und Kraftfahrer.

© SZ vom 1.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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