Oper:Lokal denken, global handeln

Lesezeit: 2 min

Verdis "Aida" in der Olympiahalle wird ein großes Spektakel mit heimischen Pferden, Geiern und 600 Statisten.

Willibald Spatz

Alles muss immer noch größer werden. Wenn schon mal eine Weltmeisterschaft im Land ist, dann dürfen auch die Opern nicht mehr in ihren kleinen Häusern bleiben, dann müssen sie mindestens in Hallen. Am Karsamstag und Ostersonntag ist Verdis "Aida" in der Olympiahalle zu Gast, eine Oper, die einen gewissen Bombast durchaus verträgt: Sie wurde schon seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts am Originalschauplatz, vor Pyramiden in Ägypten, aufgeführt. Jetzt will man das übertreffen und die Wüste nach Bayern holen.

Szene aus Aida (Foto: Foto: oh)

In der Olympiahalle ist der gesamte Innenbereich mit Sand ausgeschüttet worden. Drumherum - und nicht davor, wie sonst bei Massenopern - sitzen die Zuschauer. 20 000 sollen es werden an beiden Tagen, wenn alles gut läuft. Das hofft jedenfalls Bernd Zerbin von der Hamburger Konzertagentur FKP Scorpio, die in Deutschland die Show organisiert. Ursprünglich kommt die Idee, Opern in Arenen zu spielen, aus Holland. Diese "Aida"-Produktion, die Petrika Ionesco inszeniert hat, stammt aus dem Jahr 1998 und hatte 2001 ihre Deutschland-Premiere in der Schalke-Arena in Gelsenkirchen. Seitdem wurde sie in Basel, Hamburg und Hannover gut aufgenommen.

Das mag daran liegen, dass man "nicht nur einen auf Spektakel machen will, sondern auch musikalisch etwas zu bieten hat", sagt Bernd Zerbin. Das Besondere an dem Konzept sei nämlich, dass man in jeder Stadt die Zusammenarbeit mit lokalen, renommierten Musikern suche. In München sind das das Rundfunkorchester und der Philharmonische Chor. Christian Frohnholzer, der für den Chor spricht, ist begeistert von der "großen Professionalität", mit der die Proben abgehalten werden. Er sieht in dieser Form der Zusammenarbeit eine "schöne Herausforderung. Der Dirigent weiß genau, was er will." Dieser Dirigent heißt Patrick Fournillier. Auch Gitta Jäger, die Managerin des Rundfunkorchesters, freut sich, dass hier eine Zusammenarbeit mit ihm zustande gekommen ist.

Doch alle Sorgen ist man somit noch nicht los. "Eine Produktion dieser Art hat ein Investitionsvolumen von mindestens zwei Millionen Euro. Ein normales Haus müsste mindestens vier Monate ausverkauft sein, damit sich das lohnt", rechnet Bernd Zerbin vor. Hier sei man bei zwei ausverkauften Vorstellungen gerade auf Null. Möglich wird das überhaupt nur dadurch, dass die Statisten, immerhin 600 Menschen, die manchmal gleichzeitig auf der Bühne stehen, ebenfalls lokal gecastet sind und keine Gage bekommen. Dafür hätten sie während der drei Wochen Probenzeit einen Haufen Spaß, und die Atmosphäre sei sehr gut, erzählt Zerbin. Außerdem baue man fest auf die Mundpropaganda, die von den Beteiligten betrieben werde.

Auf der Bühne gibt es echte Pferde und einen richtigen Geier, die auch aus der Umgebung Münchens stammen. Die Show ist also zum einen Teil eine internationale Großproduktion und zum anderen fest in der jeweiligen Stadt verwurzelt. Das Ziel: Einerseits habe man die Möglichkeit, ein Publikum zu erreichen, das sonst nie in eine Oper gekommen wäre, andererseits wolle man Opernpuristen überzeugen, dass die Verknüpfung von Großereignis und Musikgenuss möglich sei, hofft Zerbin. Auch Gitta Jäger sieht für das Rundfunkorchester hier sowohl die Möglichkeit, "weiterhin große Oper zu spielen als auch den Reiz, damit so eine große Menge Publikum zu erreichen". Allerdings seien solche Geschichten "nur eine zusätzliche Facette, kein Ersatz für das klassische Opernhaus".

Man ist zuversichtlich, hat auch schon eine weitere Zusammenarbeit geplant: Nächstes Jahr gibt es "Nabucco", übernächstes "Turandot". Auch der Philharmonische Chor wird wieder dabei sein. Und noch größer muss man dann nicht mehr werden, wenn die Weltmeisterschaft vorbei ist. (Samstag/Sonntag, je 20 Uhr.)

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: