Öffentliche Verkehrsmittel:Neue Namen, neuer Takt

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Nicht alles funktioniert auf Anhieb perfekt, aber im Großen und Ganzen klappt die Umstellung bei Bussen und Bahnen.

Von Monika Maier-Albang

Der Zugzielanzeiger auf Gleis 3, Ostbahnhof, erscheint am Sonntagmittag in schönstem Dunkelblau und trägt die Aufschrift "Testbetrieb". Eigentlich hätte dieser in der Nacht bereits enden sollen und auf dem Blau müsste gelbe Schrift jetzt den nächste Zug ankündigen.

"Immerhin ich bin heute noch nicht angeschrien worden"

Bis zum Berufsverkehr am Montag "werden die's wohl gerichtet haben", sagt ein Herr in Warnweste, der den Fahrgästen geduldig erklärt, dass die S4 nun nach Ebersberg und die S5 nach Holzkirchen fährt. Zuversichtlich klingt er nicht, eher bangend.

"Aber", bemerkt er zwischen zwei Auskünften: "immerhin ich bin heute noch nicht angeschrien worden".

Es ist eine Mammut-Umstellung: neue Buslinien, neue S-Bahn-Namen, neue Abfahrtszeiten und - von Montag an - Zehn-Minuten-Takt. Da wäre es ein Wunder, wenn alles auf Anhieb perfekt klappen würde. Für die Änderung der Zugzielanzeiger hätten die Firmen "einen sehr engen Zeitplan gehabt", sagt S-Bahn-Sprecher Horst Staimer.

Und im Großen und Ganzen funktioniert ja auch alles an diesem Sonntag: Die Züge sind richtig ausgeschildert, die Ansagen in den Waggons funktionieren. Auch die Fahrgäste sind erstaunlich gut informiert, oder greifen zur Selbsthilfe.

Wo immer jemand im Besitz eines roten "10-Minuten-Takt-Heftes" ist, bildet sich ein Pulk um ihn herum, man beratschlagt, dankt, und steigt ein. In den Zügen liegen Flyer auf.

In den nächsten Tagen, sagt Staimer, wird auf der Stammstrecke zwischen Leuchtenbergring und Pasing zusätzliches "Info-Personal" eingesetzt. "Wir haben viel Geld in Kundeninformation investiert."

Investiert haben auch manche Bürger, zwar kein Geld, aber Zeit. Am neuen Busnetz arbeiteten die Bezirksausschüsse intensiv mit. Zweieinhalb Jahre "Workshops, Bürgerversammlungen, und tausend Sitzungen mit Pro Bahn", sagt Antonie Thomsen vom "BA 11", Milbertshofen/Hart.

Sie hat es sich bei Weißwurst und Sekt im Alten-und Servicezentrum an der Schleißheimer Straße bequem gemacht. Dort feiern die Milbertshofener gemeinsam mit den Kollegen aus Schwabing, Bogenhausen und Moosach die neuen Busse. Versammeltes Urteil: "Insgesamt positiv."

"Wenns am Anfang a bisserl knirscht, ist des ja normal", sagt Josef Otto Floßmann vom Verkehrsausschuss. Er freut sich über die bessere Verbindung von Kieferngarten nach Feldmoching und die neue Haltestelle am Euro-Industriepark West, die der BA "durchgesetzt" habe, damit die Leute nicht mehr schwerbepackt nach dem Einkauf bei Wal Mart oder Real bis zur U-Bahn gehen müssen.

Natürlich habe man auch Kompromisse akzeptieren müssen, etwa, dass der Metrobus Linie 50 jetzt eine Stunde früher endet als der alte "37er". Dass der "43er" zur Münchner Freiheit weggefallen ist.

"Wenn es nicht funktioniert, bessern wir nach"

Oder dass die Schüler, die aus Freimann zum Leon-Feuchtwanger-Gymnasium fahren, mit geänderter Taktzeit umsteigen müssen. "Da wissen wir nicht, ob das mit dem Anschluss klappt", sagt Floßmann. "Gebt's uns hundert Tage", erwidert ihm MVG-Mitarbeiter Wolfgang Weiß. "Wenn es nicht funktioniert, bessern wir nach."

Weiß war 15 Jahre lang Busfahrer, jetzt sitzt er in der Planungsabteilung der Verkehrsbetriebe. Am Sonntag hat er um sechs Uhr den ersten Bus bestiegen, fährt seitdem umher, um sich zu versichern, dass alles funktioniert. Gegen Mittag hat sich die Anspannung einigermaßen gelöst.

Die Beschilderungen stimmen, die Fahrer beherrschen ihre neuen Routen, Display am und in den Bussen sind korrekt. "Gott sei Dank", sagt Weiß. Auch Andreas Nagel von der "Aktion Münchner Fahrgäste" ist zum Weißwurstfrühstück gekommen.

Positiv sei anzumerken, sagt er, dass 60 Prozent der Fahrgast-Vorschläge aufgegriffen wurden. Aber! Man könne ja wohl nicht im Ernst bei den Bussen einerseits einsparen und gleichzeitig die Tarife erhöhen.

Die MVV-Hotline sei chronisch überlastet. Und warum können sich Bahn und Busse nicht auf eine Hotline und ein Linienheft mit allen Änderungen einigen?

"Da muss wieder jeder sich selbst darstellen." Neue Namen, neuer Takt - Doris Mayer, die im 50er sitzt und mit ihrer Mutter Richtung Studentenstadt fährt, ist eigentlich nur eines wichtig: Dass ihr Bus pünktlich abfährt. Und das, sagt sie, sei bislang "eher die Ausnahme".

© SZ vom 13.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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