OB Udes Blick in die Zukunft:"Jetzt muss man wieder von vorne anfangen"

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Angesichts der Erschwernisse und Beschränkungen, die durch den Sieg der Hochhaus-Gegner beim Bürgerentscheid Investoren und der Stadtplanung auferlegt wurden, setzen OB Christian Ude und die SPD-Fraktion auf Schadensbegrenzung.

Von Alfred Dürr

Konkret geht es um die in der Planung schon weit fortgeschrittenen Hochhaus-Projekte von Siemens und dem Süddeutschen Verlag, die durch das Ergebnis des Bürgersentscheids hinfällig geworden sind. Denn diese geplanten Türme überschreiten deutlich das 100-Meter-Limit, das nun der Bürgerentscheid gesetzt hat. Die Stadtspitze und Vertreter der beiden Unternehmen wollen erörtern, wie man das Beste aus der Situation machen kann. Ude: "Im Prinzip muss man wieder ganz von vorn anfangen."

Das geplante und nun gestoppte Hochhaus des Süddeutschen Verlags (Foto: Simulation: GKK)

Beide Konzerne seien in einer schwierigen Situation. Das betrifft vor allem den Süddeutschen Verlag, der auf dem engen Grundstück in Steinhausen kaum eine Alternative zum Hochhaus hat. Die Optionen würden geprüft, so die Geschäftsleitung. Danach werde entschieden, wohin der Süddeutsche Verlag Mitte 2008 umziehe.

Nach dem Bürgerentscheid gebe es keine fundamentale Kehrtwendung in der Baupolitik oder gar eine Abkehr von Hochhäusern, betonte Ude. Aktuelle Projekte, wie vom ADAC oder von der Telekom, seien von der 100-Meter-Grenze nicht tangiert und würden realisiert.

Man werde sich gegen die Stimmungsmache wehren, so Ude, München baue keinen weiteren Büroraum mehr. Das Ziel, Unternehmen in der Stadt zu halten und Investitionen zu ermöglichen, gelte weiterhin uneingeschränkt. Das bekräftigt auch die SPD-Fraktion. Ein fatales Signal sei es auch, dass die Stadtplanung weniger Gestaltungsmöglichkeiten habe. Viele Fachdebatten hätten ergeben, dass schlanke Türme oft besser seien als gedrungene Bauten oder "fette Klötze".

Ude räumte ein, dass er am Sonntag eine persönliche Niederlage erlitten habe: "Als Politiker gewinnt man natürlich lieber, als dass man verliert." Als einen tief deprimierenden Einschnitt in seiner Karriere empfindet Ude den Ausgang des Bürgerentscheids jedoch nicht.

Dass ein breites Pro-Hochhaus-Bündnis aus Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertretern erst relativ spät an die Öffentlichkeit gegangen sei, bezeichnete Ude als einen Fehler. Ein Großteil der Briefwähler, die mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für den Kronawitter-Kurs waren, hatte da nämlich schon abgestimmt. Ein großes Problem sei es gewesen, die Bürger zu mobilisieren, die mit der Hochhaus-Politik des Rathauses zufrieden gewesen seien.

Kritik an der Fragestellung

Deutliche Kritik übte der Oberbürgermeister an der Fragestellung des Bürgerentscheids. Diese habe wertende und manipulative Aussagen enthalten. Sollten Architektur-Wettbewerbe "in drei oder vier Jahren" ergeben, dass mehr als 100 Meter hohe Häuser die beste Lösung für einen bestimmten Standort seien, hieß es in der SPD, werde man die Bürger über dieses Thema in Form eines Ratsbegehrens abstimmen lassen.

Unterdessen hat der Unmut über das Rebellentum Kronawitters und seiner Mitstreiter in der SPD zugenommen. Der Alt-OB habe sich klar über Beschlüsse und Festlegungen zur Hochhauspolitik hinweggesetzt, so SPD-Fraktionschef Helmut Schmid. Aus Vorstandskreisen des Unterbezirks war zu hören, man denke nicht an einen Parteiausschluss.

Kronawitter bezeichnete den Ausgang des Bürgerentscheids als "unglaublich großen Erfolg für München". Die Hochhaus-Debatte müsse nun intensiver und sensibler als bisher geführt werden. Über 100.000 "mündige Münchner" hätten sich nicht "von unglaublich bösen Angriffen auf meine Person" und einer "riesigen Anzeigenkampagne gegen mich" beeinflussen lassen, so der Alt-OB.

© SZ vom 23.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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