Nur zwei Wochen vor dem Oktoberfest:Polizei vereitelt Bombenattentat von Neonazis

Lesezeit: 2 min

Die Münchner Polizei hat offensichtlich einen geplanten Bombenanschlag von Neonazis verhindert. In einer Münchner Wohnung fand sie 14 Kilogramm "sprengstoffverdächtiges Material", darunter mindestens 1,7 Kilogramm TNT.

Die Münchner Polizei hat scheinbar ein geplantes Bombenattentat von Neonazis vereitelt. Eine Reisetasche mit 1,7 Kilogramm TNT und 14 Kilogramm "sprengstoffverdächtigem Materials" seien im Münchner Süden sicher gestellt worden, sagte Polizeivizepräsident Jens Viering am Mittwoch.

Sechs Tatverdächtige wurden in München, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verhaftet. In ihren Wohnungen wurden zwei Handgranaten und Schusswaffen entdeckt. Wann und wo der Anschlag geplant war, "wissen wir derzeit nicht", sagte Viering.

Unklar sei auch noch, ob ein Zusammenhang mit dem Bombenfund im Dresdner Hauptbahnhof im Juni bestehe. Ob es sich um den gleichen Sprengstoff handelt, wird laut Viering zur Zeit geprüft.

Wie Richard Vöst vom Bayerischen Landeskriminalamt sagte, stammt der sichergestellte Sprengstoff vermutlich aus alten Granaten oder Minen. Für eine Explosion hätte das Material nur noch mit einem sprengkräftigen Zünder versehen werden müssen. Die Sprengkraft hätte sich durch das beigefügte Rohr noch vergrößert. "Das wäre eine schöne Rohrbombe gewesen", sagte der Leitende Kriminaldirektor. In einem geschlossenen Raum hätte sie die Decke einstürzen lassen.

Bekannter Münchner Neonazi unter Verhafteten

Unter den Verhafteten ist laut Polizei auch der 27-jährige Rechtsextremist Martin Wiese, Führer der Münchner Neonazi-Gruppe "Kameradschaft Süd".

In seiner Wohnung hätten die Ermittler zwei scharfe Schusswaffen, mehrere Stichwaffen, eine Streitaxt, Sturmhauben und Propagandamaterial gefunden, führte Viering aus.

Der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Wiese bemühte sich möglicherweise darum, "Sprengstoffexperten aufzuschließen". Am Rande von Wieses Geburtstagsfeier im Januar 2001 hatten seine Kameraden versucht, einen griechischen Passanten zu töten. Das Ermittlungsverfahren gegen Wiese selbst wurde eingestellt.

Bei den anderen Verdächtigen handelt es sich laut Polizei um vier berufslose Männer im Alter zwischen 23 und 37 Jahren sowie eine 18-jährige Frau. Die beiden aus Ostdeutschland stammenden Verdächtigen sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.

Die Polizei kam der Freundesgruppe bei Ermittlungen nach einer Neonazi-Schlägerei in Unterschleißheim auf die Spur. Im Juli hatten zwei Schläger einen 23-Jährigen schwer verletzt, weil er sich von der Neonazi-Szene lossagen wollte.

Um die Ecke vom Oktoberfest

Bei anschließenden Durchsuchungen im Münchner Süden entdeckte die Polizei das sprengstoffverdächtige Material, zwei Handgranaten sowie Munition. Im Münchner Süden befindet sich auch die Theresienwiese, wo in zwei Wochen das Oktoberfest beginnt.

Beim Sprengstoffattentat eines Rechtsextremisten auf die Wiesn 1980 wurden 13 Menschen getötet und 211 verletzt. Polizeivizepräsident Viering sagte, Bezüge zu diesem Attentat seien derzeit nicht zu erkennen.

Die Staatsanwaltschaft München I leitete gegen die Gruppe ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens ein. Darauf stehen laut Oberstaatsanwalt August Stern zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Haft. Der Besitz von Handgranaten verstoße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, was mit ein bis fünf Jahren Haft geahndet werde. Auf den illegalen Besitz von Schusswaffen stehen laut Stern mindestens sechs Monate Haft.

(suedduetsche.de/AP)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: