Der mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher Iwan John Demjanjuk muss sich in München vor Gericht verantworten. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe übertrug jetzt das Strafverfahren gegen den frühere KZ-Wächter dem Landgericht München II, wie es in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss des BGH heißt. Zur Begründung hieß es, der 88-Jährige habe sich 1951 mehrere Monate in einem Lager im heutigen Zuständigkeitsbereich dieses Gerichts aufgehalten.Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft München sich als örtlich nicht zuständig erklärt und eine Anklageerhebung abgelehnt.
Demjanjuk wurde in der heutigen Ukraine geboren und lebt inzwischen als Staatenloser in den USA. Er soll nach Recherchen der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen mit Sitz in Ludwigsburg für den Tod von mindestens 29.000 Juden mitverantwortlich sein - darunter 1900 deutsche Juden. Demjanjuk gehörte demnach 1943 für ein halbes Jahr zu den Wachmannschaften des deutschen Vernichtungslagers Sobibor in Polen. In dieser Zeit wurden dort mindestens 29.000 Juden getötet. Die NS-Fahndungsstelle hat inzwischen ausreichend Beweismaterial für eine Anklage gegen Demjanjuk gesammelt.
Der 2. Strafsenat des BGH, der unter anderem für die Bestimmung eines Gerichtsstands zuständig ist, entsprach mit der Übertragung des Verfahrens einem Antrag der Bundesanwaltschaft. Nunmehr sei das Landgericht München II für die "Untersuchung und Entscheidung in dem Strafverfahren" zuständig. Der BGH war mit der Sache befasst worden, weil ein Gerichtsstand im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - und damit eine für die weiteren Ermittlungen zuständige Staatsanwaltschaft - zuvor nicht festgestellt werden konnte.