Neuverhandlung Fall Karolina:"Grausen und Bedauern"

Starb die kleine Karolina "aus Versehen"? Diese Frage entscheidet darüber, ob sie ermordet wurde oder nicht - und ob die Strafen für ihre Peiniger höher werden sollen.

In der Neuauflage des Prozesses um den qualvollen Tod der dreijährigen Karolina hat die Staatsanwaltschaft dem ehemaligen Lebensgefährten der Mutter Mordabsicht vorgeworfen.

Die Mutter und der Ex-Freund (Foto: Foto: ddp)

Der 32-jährige Türke habe das Mädchen im Januar 2004 aus niedrigen Beweggründen grausam getötet, sagte Oberstaatsanwalt Johann Kreuzpointner am Montag vor dem Münchner Schwurgericht. Nach Auffassung der Ankläger hatte der Ex-Freund der Mutter das Kind über Tage hinweg schwer misshandelt und verletzt. Er habe die Kleine mit Fäusten und Gegenständen geschlagen, ihren Kopf gegen die Wand und den Boden geschleudert und verbrüht.

Später legte das Paar das verletzte und kahl geschorene Mädchen in einer Krankenhaustoilette ab. Zwei Tage später starb das Kind aus dem schwäbischen Weißenhorn in der Klinik. Die 27-jährige Mutter muss sich wegen Mordes durch Unterlassen verantworten.

Das Landgericht Memmingen hatte den damals schwer drogenabhängigen Mann wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, die aus Polen stammende Mutter zu fünfeinhalb Jahren. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung auf und bezeichnete es als Fehler, dass die vorherige Instanz nicht auf vorsätzliche Tötung geurteilt habe.

Der Mutter wird Mord durch Unterlassen zur Last gelegt, da sie der Anklage zufolge ihre Tochter nicht geschützt hatte. Der Anwalt des Beschuldigten, Georg Zengerle, erklärte vor Prozessbeginn, sein Mandant habe das Kind nicht töten wollen. "Er schaut mit Grausen und tiefem Bedauern zurück. Er hat gesagt: Ich habe nicht damit gerechnet, dass das Kind zu Tode kommen würde."

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