Neonazi-Prozess:Angeklagter legt Teilgeständnis ab

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Im Prozess um den geplanten Sprengstoffanschlag auf den Neubau des Jdischen Zentrums in München hat einer der Angeklagten Überlegungen für solch ein Attentat bestätigt. Der Hauptangeklagte Martin Wiese schweigt weiter zu den Vorwürfen.

Im Münchner Terroristenprozess um den vereitelten Neonazi-Anschlag auf das neue Jüdische Zentrum hat einer der vier Angeklagten ein Teilgeständnis abgelegt. Er habe zwei oder drei Mal mit dem Hauptbeschuldigten Martin Wiese über ein mögliches Bombenattentat gesprochen, sagte der 28-Jährige.

Martin Wiese wird in den Gerichtssaal geführt. Zu den gegen ihn gerichteten Vorwürfen will er schweigen. (Foto: Foto: AP)

Entgegen seinen Aussagen bei der Polizei bestritt er aber, dass es sich dabei um konkrete Planungen gehandelt habe.

Seit heute morgen muss sich sich der Neonazi und mutmaßliche Rädelsführer Wiese zusammen mit drei seiner Mitstreiter vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft Wiese vor, am Tag der Grundsteinlegung des Kulturzentrums am 9. November vergangenen Jahres ein Bombenattentat geplant zu haben.

Tötung von Menschen in Kauf genommen

Nachdem die Kameradschaftsmitglieder diese Pläne wegen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in einer anderen Sache verworfen hatten, sollen sie über einen Anschlag auf den Münchner Marienplatz nachgedacht haben.

Dabei habe der Führungszirkel mit der Bezeichnung "Schutzgruppe" die Tötung von Menschen in Kauf genommen, sagte Bundesanwalt Bernd Steudl bei der Verlesung der Anklage. Die Gruppe habe sich neben Waffen 1,2 Kilogramm hochexplosives TNT beschafft. Zudem habe sich Wiese eine Rohrbombenhülle mit einem Schlagzünder besorgt.

Die Pläne flogen durch einen V-Mann des Verfassungsschutzes aber auf, die Tatverdächtigen wurden festgenommen. Nach Ansicht der Ermittler wurde damit möglicherweise ein Blutbad bei der Grundsteinlegung verhindert, an der auch der damalige Bundespräsident Johannes Rau teilnahm.

Martin Wiese verweigert die Aussage

In dem Prozess unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen verweigert der Hauptangeklagte Wiese die Aussage. "Ich äußere mich nicht", sagte er. Neben dem aussagewilligen 28-Jährigen wollen auch die beiden anderen Mitangeklagten im Alter von 24 und 21 Jahren Stellung zu den Vorwürfen nehmen.

Der 28-Jährige bestritt, dass die "Kameradschaft Süd" einen politischen Umsturz in Deutschland auch mit gewaltsamen Mitteln angestrebt habe. Man habe keinesfalls ein neues Drittes Reich errichten wollen, sondern mit friedlichen Mitteln Veränderungen in Deutschland angestrebt, beteuerte der 28-Jährige.

Gedankenspiele mit Schweineblut und Granaten

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Bernd von Heintschel-Heinegg, warum die Gruppe sich denn dann TNT besorgt habe, antwortete der 28-Jährige: "Ich weiß bis heute nicht, für was wir den Sprengstoff gebraucht hätten." Die Grundsteinlegung sei für die Gruppe ein heißes Thema gewesen.

Es sei schon besprochen worden, dass man da eine Handgranate reinwerfen oder Schweineblut verspritzen könnte, berichtete der 28- Jährige. Er und "die Kameraden" hätten damals halt viel geredet, aber das seien nur Gedankenspiele und keine Planungen gewesen. Er bestätigte aber, dass Wiese einmal gesagt habe: "So ein Ding am Jakobsplatz wäre schon ein Riesenzeichen."

Für den Prozess sind bis zum 10. März 18 weitere Verhandlungstage angesetzt.

(sueddeutsche.de/ddp/dpa)

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