Nebenkosten bei Gutachten:Schluss mit Wucher

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  • Sachverständige stellen bei Gutachten oft hohe Nebenkosten für Farbfotos oder Telefongebühren in Rechnung. Das Münchner Amtsgericht erinnert nun an moderne Telekommunikationsmöglichkeiten.
  • Zu hohe Gebühren dürfen in Zeiten von Handy-Flatrates und billigen Digitalfotos nicht mehr angesetzt werden.

Von Ekkehard Müller-Jentsch, München

An alten Gewohnheiten wird gerne festgehalten. Erst recht, wenn sie Geld einbringen: So wie etwa bei hohen Nebenkosten, die manche Sachverständige bei der Begutachtung von Autounfällen mitunter für Farbfotos und Telefongebühren in Rechnung stellen. Das Amtsgericht München spielt da nicht mehr mit und verweist auf moderne Handy-Flatrates und billige Digitalfotos, für die keine teuren Laborkosten mehr anfallen.

Es war ein simpler Autounfall: Der Fahrer eines VW Sharan nimmt einem Porsche die Vorfahrt, es kracht. Der teure Sportwagen gehört einer Firma, die sogleich einen Kfz-Sachverständigen mit der Schadensanalyse beauftragt. Um sich mit dem Fall nicht weiter herumplagen zu müssen, tritt sie ihre Ansprüche gegen den Sharan-Fahrer und dessen Haftpflichtversicherung an eine Verrechnungsstelle für Kfz-Sachverständige ab. Die verlangt dann für das Gutachten und die Nebenkosten des Sachverständigen 1880,80 Euro.

Telefonate sind billiger als früher, Schreibarbeit einfacher dank Textbausteinen

Daraufhin entbrannte ein Streit um Kleingeld, bei dem es ums Grundsätzliche geht. Die Versicherung strich 109,50 Euro von der Rechnung mit der Begründung, dass die Nebenkosten überzogen seien. Der Fall kam vor Gericht. Die Münchner Amtsrichterin verwies auf moderne Büroausstattungen, durch die selbst Farbbilder in Akten nur geringe Mehrkosten verursachten. Auch Telefonate seien viel billiger als früher, und Kosten für Schreibarbeiten dürften dank Textbausteinen nicht mehr so stark wie früher ins Gewicht fallen.

Die Richterin orientierte sich an den Rechnungen von gerichtlich bestellten Sachverständigen: Die verlangen in der Regel 15 Euro für Nebenkosten und Telefon - im aktuellen Prozess hatte der Kfz-Sachverständige 24 Euro verlangt, also 160 Prozent des gerichtsüblichen Preises. Mit seinen Kosten für Farbbilder lag er bei 289 Prozent der Vergleichskosten, bei Fotokopien bei 385 Prozent. Die Richterin kam zu dem Urteil, dass die Versicherung freiwillig sogar noch elf Euro zu viel bezahlt hatte. Da das Landgericht nun die Berufung gegen diese Entscheidung abgewiesen hat, ist das Urteil des Amtsgerichts (Az.: 343 C 3510/14) rechtskräftig.

© SZ vom 07.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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