Nahverkehr:Es droht ein 13-Millionen-Loch

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Die Folge zahlreicher Kürzungen: höhere Fahrpreise sowie ausgedünnte Bus-, Tram- und U-Bahn-Linien.

Von Dominik Hutter

Im Münchner Nahverkehr droht in den kommenden Jahren ein finanzielles Desaster. Die von Bund und Freistaat diskutierten und großteils auch schon beschlossenen Kürzungen verursachen allein bei der MVG ein Minus von sieben bis zehn Millionen Euro pro Jahr.

Da zusätzlich die Betriebskosten stärker anstiegen als die Tarife (plus 2,9 Prozent im April), befürchtet MVG-Chef Herbert König "im schlimmsten Fall" ein 13-Millionen-Loch in seiner ohnehin klammen Kasse. Die logische Folge: Bus-, Tram- und U-Bahn-Linien müssten ausgedünnt, die Fahrpreise weiter angehoben werden.

"Unser Problem ist, dass wir mehrere Kürzungen zeitgleich verkraften müssen", erklärt König. Vergleichsweise harmlose Konzepte wie das Busoptimierungsprogramm "Topbus" oder interne Einsparungen reichten dafür als Ausgleich nicht mehr aus. "Das ist nur in Kombination lösbar." Details sollen in den nächsten Wochen erarbeitet werden - klar ist aber, dass verlängerte Taktzeiten nur in den so genannten Schwachlastzeiten, also abends und am Wochenende, denkbar sind.

Tabus dürfe es dennoch nicht geben, die U-Bahn stehe genauso zur Debatte wie Trambahn oder Bus. Der dickste Brocken in Königs Rechnung sind die schwindenden Zuschüsse im defizitären Schülerverkehr. Der Freistaat will künftig nur noch anteilig zuzahlen - für die Tage, an denen tatsächlich Unterricht ist.

Macht schon einmal ein Minus von 40Prozent. Dazu kommt das Ergebnis der Steuerreform-Debatte vom vergangenen Dezember: Der Bund, von dem die Zuschüsse ursprünglich stammen, senkt seinen Beitrag in drei Stufen um insgesamt zwölf Prozent ab - ein Vorschlag aus dem Subventionsabbau-Paket der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück.

Das wird teuer für die MVG, die Schüler oder auch sämtliche Fahrgäste - je nachdem, wo das Defizit letztlich hängen bleibt. Dabei sind die Schüler ohnehin schon an Kummer gewöhnt. Die Ausbildungstarife wurden bereits in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich erhöht.

Hintergrund ist eine Beanstandung des Rechnungshofs, Schüler-Rabatte dürften maximal 20 beziehungsweise 30 Prozent des Normaltarifs betragen - je nach Alter. Der MVV dagegen war früher wesentlich großzügiger gewesen. König hofft nun, dass zumindest der Freistaat seine 40-Prozent-Kürzung noch einmal überdenkt. Im Bayerischen Verkehrsministerium ist allerdings zu hören, man habe angesichts maroder Staatsfinanzen nichts zu verschenken.

Für König ist das aber noch längst nicht alles - der Vermittlungsausschuss in Berlin hat noch weitere Kürzungs-Fronten beschert: beim Stromkostenzuschuss und der Mineralölsteuer-Rückerstattung (jeweils minus zwölf Prozent schon 2004). Königs trauriges Resümee: "Verkehrspolitische Ziele spielen in der aktuellen Debatte keine Rolle mehr."

Das befürchtet auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, der schon einmal den Verkehrskollaps an die Wand malt. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass Schüler-Rabatte in manchen Gebieten ganz abgeschafft werden.

Noch nicht klar ist, in welchem Umfang auch die S-Bahn bluten muss. Deren Nahverkehrs-Gelder, die so genannten Regionalisierungsmittel, werden im Jahr 2004 einmalig um zwei Prozent gekürzt. Macht bayernweit rund 21Millionen Euro aus. Dazu kommen drei Mal vier Prozent Kürzung bei den Schienen-Investitionen.

"Eine ernst zu nehmende Situation", findet MVV-Chef Klaus Wergles, der für eine rechtzeitige Fertigstellung des zweiten S-Bahn-Tunnels "die Hand nicht mehr unbedingt ins Feuer legen" will. Ähnliches war auch schon über die S7-Verlängerung nach Geretsried zu hören - von Ministerpräsident Edmund Stoiber selbst.

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