Nachlese des Live-Tickers vom Nockherberg:"Weint nicht um mich, Landeskinder!"

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Unser Reporter Thomas Becker war auf dem Nockerberg und berichtete live vom Politiker-Derblecken.

14.10 Uhr: Das Ende: Monty Phyton "Always look on the bright side of life - das perfekte Schlusslied: "Auch alle andern hier, bestellt euch noch ein Bier und grinst in jede Kamera ganz cool. Denn vielleicht im nächsten Jahr seid ihr auch schon nimmer da, und a ganz a andrer hockt auf eurem Stuhl. Trinkt's no an Schluck, dann schaut ois ganz anders aus, trinkt's no an Schluck und dann gebt's uns an Applaus."

13.57 Uhr: Pierrot again. "Natürlich ist der Horst der Beste - der hat mich am besten gelobt." Und Beckstein? "Du selbst ernannte Übergangslösung, du bist ja nicht mal nominiert."

Dann aber doch: Zeit für die Abschiedshymne, zur Melodie "Don't cry for me, Argentina": "Weint nicht um mich, Landeskinder! Ich werde weg sein, ihr kriegt den Beckstein."

Schwenkt ein großes Bayern-Taschentuch, trocknet die Tränen, geht vor zum echten Stoiber, der steht auf, umarmt das Double. Schon wieder großes Gefühlskino.

Doch ausgerechnet jetzt bretzelt Miss Pauli auf dem Moped rein, meint "So hab ich's nicht gemeint, Edmund" - und ist schon wieder weg.

13.47 Uhr: Die ersten schleichen raus, checken den sms-Posteingang. Man ist ja auch schon fast seit vier Stunden da. Stand da nicht irgendwo was von Schweinsbraten?

Westerwelle-Solo zu "MamaMia", schon wieder Abba. Und nochmal der große Houdini-Ude mit einem Unsichtbare-Moschee-Special-Zaubertrick. Dann das Trio Comico: Huber, Beckstein, Seehofer - mit Schaumstoffhammer. Es wird gerauft, beleidigt. "Alle für einen? Niemals." Dann schon lieber "Schleime und du bleibst ein Freund" zu "Diamonds are a girl's best friend".

13.25 Uhr: Es plätschert ein wenig. Weit weg von der immensen Gemein-Gag-Dichte des Fastenpredigers. Vergleichsweise braves Kabarett, was nach dem einstündigen Brutalovortrag von Django Asül auch kein Wunder ist.

Pierrot verkündet der Merkel sein letztes großes Gesamtkunstwerk. Sie: gelangweilt. Beck pflaumt Stoibi an: "Mach bloß kee Heckmeck, sonst rappelt's."

Die "alternden Vier" singen dem Edi zur "Mister Sandman"-Melodie ein Abschiedsliedchen hinterher: "Mister Edmund, sag noch nicht ciao." Auffallend kräftiger Applaus. NaNaNa!

Der große Houdini Ude beamt sich ganz flott von ganz links nach ganz rechts. Die "Animalistin" Claudia Roth (Eva-Maria Höfling) persifliert grüne Dampfplauderei, wundert sich über den Meisterjongleur ("Das mit der Linken müssen wir noch ein bisschen besser in den Griff kriegen") Guido Westerwelle (Holger Paetz, zugleich Autor des Stücks).

Auch schön: Dompteuse Ursula von der Leyen (Irina Wanka) als Multi-Kinderwagen-Shaker zum Abba-Sound: "Och, du hast aber einen Super-Bäuerchen gemacht."

13.17 Uhr: La Merkel (Corinna Duhr) und Münte (Olaf Krätke) als Trapez-Duo Flying Angels. "Frau Merkel, bei allem Einverständnis: Bitte nicht küssen!" Darauf sie: "Aber ich küsse doch schließlich jeden."

Aber dann: großer Auftritt von Helmut Schleich als Stärkster Mann der Welt, also Kurt Beck. Großer Jubel. 1a Pfälzer Dialekt-Singsang. Großes Kino.

13.10 Uhr: Auftritt Stoiber (alias Lerchenberg) als Pierrot, der Clown, der mit seinem Dummen August, Söder (prima dümmlich: Musiker Stephan Zinner), eine Abschiedsnummer einüben will. Kriegt auch ein Solo: "Oh, mein Papa." Schön.

13.07 Uhr: Und weiter geht's. Singspiel. Auch so eine Nockherberg-Tradition. Diesmal in einem Staatszirkus-Ambiente. Sagenhaft identisch: der "Zauberer" Uli Bauer als OB Ude, der sich aber so was von exakt wie der Stadtchef anhört! Bis ins letzte Timbre. Wun-der-bar.

12.50 Uhr: Kurze Verschnaufpause bis zum Singspiel. Luft schnappen im Biergarten. Direkt vor der Tür: die Dienstwagen-Armada der Ministergarde. Rauchende, telefonierende Menschen. Gespräche über Asül. Einhelliger Tenor: Brutaler geht's nicht. Keine Spur von Anbiederung, nirgends. So muss es sein.

12.41 Uhr: Mit Stoiber endet auch diese erfrischend freche Premieren-Rede. Django Asül hat fertig. Langer, kräftiger Applaus. Dann: Saalflucht - das Bier treibt.

12.38 Uhr: Jetzt steht Ude auf der Abschussliste. "München, die Stadt mit dem ewigen Bürgermeister. Man spricht schon vom Stoiber-Syndrom."

Es ist ein Fest. Asül schießt auf alle und jeden. Und alle und jeder lachen dazu. Selten so gelacht. Ein Hochamt der Schadenfreude. Schön, das.

Jetzt kriegt Söder wieder auf die Mütze. Stundenlang könnte man dieser Predigt lauschen. Da knallt einer jahrzehntelang aufgesparte Verachtung raus. Asül nimmt sich einen nach dem anderen aus dem Bayern-Kabinett vor. "Sinnlos, fehl am Platz: Da denkt sich doch der Glos - jetzt komm ich dran." Stimmt, und wie er dran ist. "Mischung aus Zurückhaltung und heißer Luft."

12.28 Uhr: Zur SPD. Diese sei im bayerischen Kabinett "auf ewig die Generation Praktikum, gell Herr Maget." Immerhin sei es gelungen, mit Seehofer einen "echten Trojaner" in die Partei zu holen.

Kurt Beck muss nun büßen. Auch für seine Parteikollegen: "Die Ulla Schmidt hat ja ein quasi erotisches Verhältnis zum groben Unfug." Und dann der Sigmar Gabriel. Gestern hat er abgesagt, "weil er irgendwo ein Ozonloch stopfen muss". Diese Karriere! Von Schröders CD-Wechsler (sprich: Pop-Minister) zum Bundes-Schnappauf.

12.12 Uhr: Der Saal tobt, johlt, giggelt, hat ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Quer durch alle Lager. Asül ist in seinem Element. Schont weder Huber ("Drei Unbekannte in einer Zahl") noch Seehofer, gibt ihm vielmehr Tipps: "Habe keine Affäre solange Parteiämter vergeben werden!"

Aschermittwoch in Krefeld: "Wollen Sie bayerischer Außenminister werden?" Und dann dieser "Spagat zwischen Privatleben und Familie". Hohoho, dunkles Empörtgelächter.

Schlag 12: Da isser, der Django, der Prediger des Tages. Schwarzer Anzug, sieht streng aus.

Fängt gleich mit dem Weltfrauentag an: "Auf ganz besonderen Wunsch von Edmund Stoiber." Geht gleich in die Vollen, packt den Stier bei den Hörnern. Schießt auf Stoiber, dass es nur so raucht. Ü-ber-haupt keinen Funken Respekt. Volle Breitseite.

Es geht nur um Stoibers Demission. Hundsgemeine Sätze. "Der ist ja fies", sagt ein Zuhörer. Schnappauf = der Telefon-Joker im Bayerischen Kabinett. Söder = eine einzige Schleimspur. "Den Söder werden's nicht mehr los. Der ist wie Malaria."

Asül legt eine unglaubliche Schlagzahl vor, haut eine Gemeinheit nach der anderen raus. Ein Nachbar meint: "Das macht er gut, das macht er gut."

11.58 Uhr: Der zweite Höhepunkt: Stoiber nimmt den letzten ersten Salvator-Schluck. 18,9 Prozent Stammwürze, acht Prozent Alkohol - sauber!

11.54: Der erste Höhepunkt: Stoiber-Double Michael Lerchenberg bekommt den Salvator-Dukaten. Er ist zum letzten Mal dabei, weil Stoiber wohl zum letzten Mal als Chef dabei ist. Hier hinten von den billigen Presseplätzen sieht er verdammt echt aus. Also der Lerchenberg als Stoiber.

11.45 Uhr: Pünktlich wie die Maurer. Brauerei-Chef Steinfatt begrüßt die anwesende Prominenz. Und verhaut sich gleich gewaltig: Will Kurt Beck sagen, sagt aber Roland Koch. Hossa! Aber die Roten sind ja Kummer gewohnt.

Der Rest der Begrüßung bleibt weitgehend fehlerfrei: Die Namen von Dieter Hundt, Gerd Sonnleitner und Charlotte Knobloch gehen ihm recht glatt über die Lippen. Nur einmal verwechselt er Bauern mit Bayern, aber mei, es ist Starkbierzeit.

11.39 Uhr: Stoiber steht auf. Was ist denn los? In ein paar Minuten geht's doch los. der Ministerpräsident zwängt sich durch die Reihen zu - nein, nicht zum Huber -, sondern zu Uli Hoeneß, der gerade mit Markus Wasmaier im Gespräch ist. Über was die beiden wohl reden? Das 2:1 steht dem Bayern-Manager immer noch im Gesicht. War ja auch ein schöner Abend.

11.35: Beckstein kommt als Letzter. Startet gleich durch zum Stoiber-Tisch, an dem noch Glück und Söder sitzen dürfen. Am Tisch daneben: Beck, Seehofer, Westerwelle, Glos, Claudia Roth - ganz große Koalition.

Und Erwin Huber? Hält sich bewusst bei den Hinterbänklern. Grassroot und so. Er weiß, wie wichtig die Basis ist.

11.23 Uhr: Jetzt aber: der Stoiber. Nebst Gattin. Defiliermarsch von vorn. Ein Zufall, dass auch gerade Karl-Heinz Wildmoser reinschleicht?

Nun haben die Fotografen zu tun. Blitzlichtern wie die Irren an Tisch eins vorne direkt vor der Bühne.

11.20 Uhr: Einmarsch Franz Maget von der SPD, tapfer in die Kameras lächelnd. Er hat den Grünen Bütikofer im Schlepptau, der gerade vom sueddeutsche.de-Live-Talk kommt. Auch einer, der so einiges aushalten muss.

Jetzt kommt's geballt: Westerwelle, Glos, Beck - ein regelrechtes Elefantentreffen. Mit dem Unterschied, dass jetzt alle etwas trinken dürfen respektive sollen. Warum hat eigentlich niemand den Schröder eingeladen?

Noch eine Erkenntnis: Weißwürste ohne Bier - eine schwierige Sache.

11.17 Uhr: Seehofer kommt. Kein Jubel, keine Pfiffe, kein Garnix. Wir sind schließlich nicht beim Politischen Aschermittwoch in Passau.

11 Uhr: Die Prominenz tröpfelt nach und nach ein: Stefan Schörghuber samt Gattin. Veronika von Quast, die schrille Nudel, wirft erstmals für die Fotografen in Form. Claudia Roth ist da, Helmut Markwort mit betont locker geknüpfter Krawatte.

Landtagspräsident Alois Glück ist zeitig da, wie sich das für einen braven Parteisoldaten gehört. Paulaner-Wirt Peter Pongratz kommt mit dem Händeschütteln und Schulterklopfen gar nicht mehr nach.

Am Rand steht Helmut Schleich, Münchner Kabarettist. Nach Django Asüls Rede wird er im Singspiel den Pfälzer SPD-Chef Beck geben. Kein Problem, meint er: Die Oma kommt aus der Pfalz, das mit dem Dialekt sollte also klappen. Er staunt über den Auftrieb, über "die geballte Wichtigkeit" und frohlockt ein wenig: "Es sind schon viele Feindbilder da."

10.40 Uhr: Wunderbares Frühlingswetter. Verlassen und menschenleer liegt der Biergarten da, nur die Vögelein pfeifen dazu. Ein Idyll. Höher über der Stadt kann man nur im Olympiaturm Weißbier trinken. Aber heute ist ja Starkbier angesagt - au weia.

Vorn am Eingang ist schon was los. Der große Saal wird gerade geöffnet. 600 Menschen werden hier in spätestens einer Stunde bei Bier, Weißwürsten und/oder Schweinsbraten sitzen und schwitzen. Jetzt geht's noch recht kommod zu, wie der Bayer so sagt.

Zur Einstimmung gibt's die Apfelschorle schon mal im Maßkrug - na servus!

Servus, Grüß Gott, habe die Ehre! Damen und Herren, heute wird's bayerisch. Oder bairisch? Na, Sie wissen schon. Wir sind auf dem Münchner Nockherberg: Salvatorprobe, Starkbieranstich, Politiker-Derblecken.

Fast das gesamte bayerische Kabinett hat sich angesagt bis hinauf zum Chef, der Hauptperson. Auch ein paar preußische Fremdparteiler wollen sich hierher wagen, wo schon am frühen Morgen gar föhlich die Musi dudelt. Das kann ja was werden!

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