Nachhilfe von Scientology:Lernen nach dem Trichtermodell

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Der Nachhilfemarkt wächst - und auch unseriöse Anbieter wollen davon profitieren. Wie Scientology versucht, an junge Kunden zu kommen.

Franziska Schwarz

Scientology darf ihre Nachhilfe-Angebote zwar nicht an den Schwarzen Brettern der Schulen aushängen. Aber immer öfter verteilen Scientology-Mitarbeiter Flugblätter in der Nähe von Schulen - auf der Suche nach jungen, formbaren Kunden, die durch die Nachhilfe an die Sekte herangeführt werden sollen.

Lernen - aber richtig. (Foto: Foto: Haas)

Die Scientology-Lernzentren bestreiten zwar, religiöse Inhalte zu vermitteln. Sie unterrichten jedoch alle nach den Lernmethoden von Scientology-Gründer L. Ron Hubbard.

Hubbards 10-Punkte-Leitfaden für effektives Unterrichten mutet wie eine recht moderne, bunte Mischung aus pädagogischen Allgemeinplätzen an. Die Empfehlungen, den Schüler nicht zu überfordern und ein ihm angemessenes Lerntempo zu entwickeln, klingen zunächst völlig unverdächtig.

Von Punkt 4 an jedoch wird es schleierhaft: "Bestehen Sie ausschließlich auf präziser Kenntnis der Axiome und theoretischen Grundlagen." Eines eben dieser Axiome des Glaubenssystems lautet beispielsweise "Theta bewirkt mittels Lambda eine Evolution von Mest" - typisch für Scientologys dunkle und geheimnisvolle Sprache.

Ewald Kiel, Professor für Schulpädagogik an der LMU München, bewertet auch Punkt 6 des Leitfadens kritisch: "Wenn Sie jemandem feststehende Denk- oder Berechnungsmuster beibringen, dann nur mit Hinblick auf deren Nützlichkeit." Starre Prinzipien wie diese hält Kiel für sinnlos. "Man kann so genannte `richtige` Prinzipien instrumentalisieren und Schlechtes damit bewirken. Die Frage ist, welche Werte und Ziele dahinter stehen. Pädagogisches Handeln ist immer wert-und zielgebunden." Hubbards Auflistung findet er banal - schon Platon empfahl, an das Vorwissen der Schüler anzuknüpfen.

Kiel sieht allerdings nicht nur das Angebot von Scientology kritisch. Auch das lange Zeit populäre Konzept des "Lernen zu Lernen" wird seiner Meinung nach überschätzt. Die jüngste Forschung zeige, dass ebendies höchstens inhaltsgebunden möglich ist. Man kann also lernen, wie man Mathematik lernt, oder lernen, wie man am besten eine Fremdsprache einstudiert.

Die Forschung im Bereich Nachhilfe sei dünn, was vor allem ein empirisches Problem sei. "Eltern gestehen sich ungern ein, dass die 25-35 Euro für eine Nachhilfestunde vielleicht umsonst ausgegeben worden sind."

Gute Nachhilfe zeichne sich durch folgende Punkte aus: Der Schüler wird individuell wahrgenommen und steht nicht mehr unter dem Druck der Klassenhorde. Die Hausaufgaben, die er möglicherweise alleine nicht bewältigen kann, werden gemacht. Und natürlich wird zeitlich gesehen einfach mehr gelernt. Nachhilfe kann also erfolgreich sein - wenn man das Institut gut auswählt.

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