Nach langer Debatte:Hitlers Parteizentrale bald NS-Doku-Zentrum

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Auf dem Gelände des ehemaligen "Braunen Hauses" soll bereits 2008 der Grundstein gelegt werden. Nun geht es um die Fragen der Finanzierung und der Gestaltung.

Alfred Dürr

Die entscheidende Hürde auf dem Weg zum Bau eines Dokumentationszentrums über die nationalsozialistische Vergangenheit in München ist genommen. Finanzminister Kurt Faltlhauser stellt das Gelände des "Braunen Hauses" - der ehemaligen NS-Parteizentrale - an der Ecke Arcis-/Briennerstraße als Grundstück zur Verfügung.

Ursprünglich war auch das Gebäude der Musikhochschule, der einstige "Führerbau", im Gespräch. Das Gelände des "Braunen Hauses" liegt direkt dahinter. (Foto: Foto: dpa)

Der richtige Zeitpunkt sei gekommen, um das Projekt mit der Klärung der Standortfrage voranzubringen, sagte Faltlhauser nach der Sitzung des "Kuratoriums NS-Dokumentationszentrum", das unter dem Vorsitz des früheren Bundesfinanzministers Theo Waigel tagte. Nun ist es realistisch, dass zum 850. Jahrestag der Gründung Münchens im Jahr 2008 der Grundstein für das Dokumentationszentrum gelegt werden kann.

Bedingung für den Grundstücks-Beitrag sei allerdings, dass sich neben dem Freistaat und der Stadt (sie trägt ein Drittel der Baukosten und übernimmt vollständig die Betriebskosten) auch der Bund zu einem Drittel an dem Projekt beteilige, sagte Faltlhauser.

Wie zu hören ist, soll der Münchner CSU-Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer mit dem neuen Kulturstaatsminister Bernd Neumann in der Angelegenheit Kontakt aufgenommen haben. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Landtag, Ludwig Spaenle (CSU), begrüßte die Entscheidung Faltlhausers: "Er hat die Tür zur Verwirklichung des Zentrums geöffnet."

Um den Standort hatte es eine lange Diskussion gegeben. Am Schluss blieb das Grundstück des ehemaligen "Braunen Hauses" übrig. Es liegt hinter dem Gebäude der Musikhochschule an der Briennerstraße. 1930 hatte die NSDAP das Palais Barlow erworben und es dann als Parteizentrale genutzt. Sie war Anfang 1945 von Bomben weitgehend zerstört worden. Das Gelände, das sich im Besitz des Freistaats Bayern befindet, ist bis heute unbebaut und eingezäunt.

Über die Parteigrenzen hinweg war man sich einig, dass an dieser Stelle das NS-Dokumentationszentrum entstehen muss. Das Gelände demokratisch zu besetzen und zum Lern- und Lehrort über die Rolle Münchens beim Aufstieg des Nationalsozialismus zu machen, wäre das richtige Signal von Seiten des Freistaats, sagt der Münchner Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker.

Jetzt gibt es noch weitere wichtige Fragen zu klären: Wie groß soll das Zentrum werden? Wie kann es sich in die monumentale Architektur der alten Nazi-Bauten am Königsplatz einfügen? Wie sieht das inhaltliche Konzept des Zentrums aus? Betont man eher den musealen Charakter mit Ausstellungsgegenständen, oder will man das Schwergewicht auf Vorträge und Diskussionen legen? Ein Architekten-Wettbewerb soll die Gestaltungsfragen klären. Außerdem ist eine archäologische Untersuchung des Grundstücks vorgesehen.

Nach vielen Verzögerungen und Debatten waren die Planungen für das Zentrum in diesem Jahr in eine neue Phase getreten. Freistaat und Stadt hatten sich auf die Gremienstruktur für die Einrichtung geeinigt, und dann haben im Sommer endlich auch der wissenschaftliche und der politische Beirat ihre Arbeit aufgenommen.

© SZ vom 25. November 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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