Münchner Gymnasien:Der Pflichtunterricht ist gesichert

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Das befürchtete "Horrorszenario" der G8-Reform wird zwar ausbleiben, doch in vielen Gymnasien muss mit Engpässen in Mathematik, Physik und Latein gerechnet werden.

Von Marten Rolff

"Da ist ein kleines Wunder geschehen, mit dem wirklich niemand gerechnet hat", kommentiert die Hauptpersonalrätin des Schulreferates, Ria Rohrwild-Streng, die Lehrerversorgung an den 14 städtischen Gymnasien.

Mehr als 60 Pädagogen konnte das Schulreferat für die Gymnasien einstellen. Die 12.300 Münchner Gymnasiasten verteilen sich auf insgesamt 490 Klassen und Kurse, was einer durchschnittlichen Stärke von 25 Schülern pro Klasse entspricht.

"Größter Wermutstropfen" sei jedoch, dass viele Schulen nicht immer die Lehrer mit der jeweils benötigten Fächerkombination erhalten haben, sagt die Personalrätin. Vor allem bei Deutsch/Englisch und Mathematik/Physik sowie bei Latein seien die Listen "komplett leergeräumt". Manche Schulen hätten daher vor "größeren Umplanungsproblemen" gestanden.

Als "zufriedenstellend" bezeichnet das Gymnasialreferat des Kultusministeriums die Stellensituation. Die Planung sei sicher schwieriger gewesen als im vergangenen Jahr, doch werde es zu Beginn des neuen Schuljahres "keine Unterrichtsausfälle" an den 23 staatlichen Münchner Gymnasien geben, hieß es.

Oberstes Ziel erreicht

Damit sei das "oberste Ziel" erreicht. "Knirschen" könne es aufgrund des engen Personalkorsetts allerdings bei den Wahlfächern sowie bei der dritten Sportstunde.

Die Gymnasien bestätigen diese Angaben insgesamt. Doch während dem Schulreferat vielerorts eine "schnelle und großzügige Planung" bescheinigt wird, klagen vor allem staatliche Gymnasien über eine "zweischneidige Situation". Einerseits ist man froh, dass der Pflichtunterricht stattfinden kann. Andererseits müsse man fragen, wie dieses Ziel denn erreicht worden sei, moniert etwa ein Direktor.

Das aufgrund des Mehrbedarfs durch die G8-Reform befürchtete "Horrorszenario" sei zwar bisher nicht eingetreten, zugleich seien aber viele Stellen durch Aushilfen oder Referendare besetzt. Hinzu kämen Maßnahmen wie die erhöhte Belastung von Teilzeitkräften oder das häufige Wegfallen besonderer Angebote, heißt es an vielen Gymnasien.

An Seminarschulen bezeichnet man den starken Rückgriff auf Referendare wahlweise als "pures Glück" oder als "klare Ursache einer stark geschönten Planung". Andere Schulen klagen über große Probleme bei der Abdeckung des Latein- oder Mathematikunterrichts.

Vor den Sommerferien hatte das Kultusministerium das Fehlen einer Lehrerstelle pro Schule eingeräumt. Eltern- und Philologenverband protestierten massiv gegen den Personalmangel und sagten "das Scheitern der G8-Reform" voraus.

Eine Gefahr, die keineswegs ausgestanden sei, wie es selbst in Abteilungen des Kultusministeriums heißt. Hinter vorgehaltener Hand bezeichnet man dort die im August vom Landtag eilends für Aushilfen an den Gymnasien bereit gestellten vier Millionen Euro als "Tropfen auf dem heißen Stein".

Das Münchner Schulreferat spricht bereits davon, dass Ausfälle bei den Mangelfächern kaum noch zu verkraften wären. "Das wäre zwar bitter", sagt Personalrätin Rohrwild-Streng, aber Lehrer, die durch die Arbeitszeiterhöhung ohnehin bis zu einer Stunde länger arbeiten müssen, "würden dann noch stärker belastet".

Auch der Philologenverband geht davon aus, dass es "bei Ausfällen eng wird". Derzeit sei es an den Schulen "auffallend ruhig", erklärt die Münchner Verbandschefin Gesa Wenz. Viele Schulleiter hätten "außerordentlich große Kreativität" bei der Unterrichtsplanung bewiesen.

Theoretisch scheine die G8-Umsetzung daher zu funktionieren, ob die Planung aber der Praxis standhalte, müsse sich "in den kommenden Monaten erweisen", glaubt Wenz. Der Philologenverband hat Fragebögen an alle Schulen verschickt, um sich ein genaueres Bild über das Funktionieren des achtstufigen Gymnasiums zu machen. Der Rücklauf wird für die kommende Woche erwartet.

© SZ vom 13.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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