München sucht den Super-Hund:Von Menschen und Möpsen

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Diamonds are a Dog's best friend: Immer mehr Hundebesitzer statten ihre kleinen Lieblinge mit Swarovski-Klunkern, Sonnenbrillen und Designer-Mäntelchen aus. Und lassen sie später einäschern, um ihre Urne auf den Wohnzimmertisch zu stellen. Ein Rundgang über eine Hunde-Messe.

Ruth Schneeberger

Amy ist aufgeregt. Ihre dicken Augen scheinen fast aus dem Kopf zu springen, so aufgeregt ist sie. Den ganzen Tag schon ist sie mit ihren Lieben in dieser riesigen Halle unterwegs. Ist immer wieder angesprochen, angefasst und obendrein neu eingekleidet worden. Jetzt soll sie fotografiert werden - ausgerechnet zum Schluss, wo man sowieso schon so fertig ist. Und dann kommt auch noch diese Promenadenmischung und riecht ihr am Po. Amy sieht recht ungehalten aus.

(Foto: Foto: Ruth Schneeberger)

Amy ist ein Mops. Und weil Möpse zurzeit Hochkonjunktur haben, hat es das Tier nicht leicht auf der internationalen Hunde-Ausstellung in München. Es ist Wochenende, die Sonne strahlt, und sämtliche bayerischen Hundebesitzer, die etwas auf sich halten, insgesamt rund 15 000 Besucher, haben den Sonntag-Nachmittag-Spaziergang in die Olympiahalle verlegt. Hier gibt es alles, was das Hundeherz wünscht.

Oder besser: Was der Hundebesitzer begehrt. Was Hunde-Organisationen sich haben einfallen lassen. Und was die Hunde-Industrie zum Geschehen beiträgt. Als da wären: Leinen mit und ohne Glitzer, rosa Sonnenbrillen mit Herzchen, Mäntel im Leoparden-Look, Baseball-Kappen mit Flammenmotiv, Bikerwesten mit Totenkopf oder Wildlederschuhe mit Reißverschluss. Alles für den Hund, selbstredend - nicht etwa für den Besitzer. Nicht zu vergessen: Kissen mit Kräuterfüllung, Perlenketten für den Pudel, Zahnbürsten, Teddybären, Leuchte-Halsbänder - und Wassernäpfe, aus denen immer frisches Wasser sprudelt.

Die Lifestyle- und Mode-Industrie hat längst das Herz des Hundefreundes entdeckt. Und appelliert tüchtig daran, dass auch ein Hund nicht leben soll wie ein Hund: Auf dem pinken Plüsch-Sessel oder einem Lammfell-Sofa mit Wechselbezug zum Preis von 200 Euro sieht der kleine Schatz gleich noch viel putziger aus. Und wenn das Halsband mit Swarovski-Steinen besetzt ist, ist das auch ein Stament: Mein Hund ist mir genausoviel wert wie meine Frau.

Amy hat gleich drei Halsbänder geschenkt bekommen: Eins mit dicken Klunkern, eins im Zebra-Look und eines in Rosa, passend zur rosa Leine, und mit drei goldenen Buchstaben versehen: A-M-Y. War nicht ganz billig, der Spaß, allein das Namens-Halsband hat 100 Euro gekostet. Aber was tut man nicht alles.

Amy, angespannt. (Foto: Foto: Ruth Schneeberger)

Jetzt fällt sie noch mehr auf: Immer wieder kommen Hundefreunde, sprechen Frauchen an, jeder will mal streicheln. Was in den letzten Jahren der Chihuahua war und mit überzüchtet geschwollenen Augen, Fledermausohren und winzigen zittrigen Körpern die Schöße der Paris Hiltons dieser Welt schmückte, ist nun der Mops.

München sucht den Super-Dog

Nun, da nach Madonna auch Hinz und Kunz den Chihuahua wieder ins Tierheim abschiebt, weil der Trend abebbt, nun also ist es der gute alte Mops, der seit dem letzten Sommer die Handtaschen der stolzen Großstadt-Hundebesitzer schmückt. Das Entzücken über Amy ist groß.

Doch sie ist nicht die einzige, die hier für Aufsehen sorgt: Insgesamt 214 Rassen und 2249 Hunde der verschiedensten Größen, Farben und Temperamente sind angetreten worden, um einen Preis zu ergattern: München sucht den Super-Dog. Hinter diesem Wettbewerb steht eine Menge Arbeit.

Nicht nur, dass Hunderte von Hundezüchtern rund um die Uhr dafür sorgen, das ihre kleinen Lieblinge möglichst gut ernährt, prima erzogen, schön artig und richtig rassig sind. Eine Richterjury hat hier darüber zu befinden, welches Tier dem Idealbild seiner jeweiligen Rasse am nächsten kommt. Dazu gibt es hargenaue Vorschriften, für jede einzelne Rasse, und diese wiederum unterteilt in Unter-Rassen, nach Kurz- und Langhaar, männlich und weiblich, undsoweiter undsofort. "Das dauert lange, bis man das alles erklärt hat", erklärt Mit-Organisatorin Helga Stich vom Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) Bayern. Weshalb die Richter auch alle schon etwas älter sind. Die Ausbildung dauert ziemlich lang.

Trotzdem haben sie auch in diesem Jahr wieder einen Sieger ausfindig machen können: Der langhaarige Zwerg-Dachshund mit Namen Danny z Ostrozskych jezer, ein Rüde, hat den 1. Preis abgeräumt und darf sich nun auf den Titel des Weltmeisters bewerben.

Hund, Katze, Maus

Die Hundeschau in München war 1972 die erste externe Schau, die nach den olympischen Spielen in der Olympiahalle stattgefunden hat. Helga Stich hat in ihrem Büro das Plakat einer Hundeschau aus dem 18. Jahrhundert hängen. Die Geschichte der Hundeausstelllungen ist lang - und das Bedürfnis, etwas für den besten Freund des Menschen zu tun, groß.

Und es scheint immer größer zu werden: Wurden Schoßhündchen mit Designer-Mäntelchen vor ein paar Jahren noch auf offener Straße ausgelacht, hat inzwischen jedes größere Zoogeschäfte mindestens eine Hunde-Kollektion im Angebot. Hier, auf der Messe, gibt es nun das ganze Programm. Der Hund ist als Luxus-Objekt entdeckt worden.

Inzwischen sogar über ein Hundeleben hinaus: Das "Krematorium Tiertrauer" aus München ist relativ neu auf der Messe - aber schon ganz gut im Geschäft: Vor ein paar Jahren habe man sich noch nicht so recht an sie herangetraut, inzwischen werde der Zulauf immer größer, berichtet Martina Angelhuber im schwarzen Anzug. Und verkauft Urnen mit Hundchens Konterfei, ein letztes Bildnis in Öl oder einen letzten - vergoldeten - Tatzenabdruck.

Bis zu 900 Einäscherungen von Tieren hat das Krematorium im Monat zu verzeichnen - zu Preisen von 25 bis über 300 Euro. Und das nicht nur für Hunde: "Vom Vogel über die Maus bis zum Pferd - die Leute möchten die Asche ihre Tieres zurück haben", so Angelhuber.

Bis dahin kaufen Herrchen und Frauchen dem kleinen Liebling aber lieber noch eine Diät-Nase oder eine Frissbee-Scheibe, lassen ihn beim Dog-Dancing auftreten oder dabei zusehen, wie die Kollegen Rettungshunde sich von der Kuppel des Olympia-Dachs abseilen. Es gibt ja noch so viel zu tun, gemeinsam.

Amy indes darf am Ende eines langen Tages nach Hause. Am nächsten Morgen nämlich ruft die Arbeit: Weil Frauchen einen Hund gesucht hat, der Büro-tauglich ist, ist sie auf diesen Hund gekommen, der, ähnlich einem Chihuahua, ins Handtäschchen passt und nicht so furchtbar viel Auslauf braucht - aber nicht so empfindlich ist wie sein Trend-Vorgänger. Eine Kollegin hatte dieselbe Idee. Weshalb Amy und Carla, die Büro-Hunde, nun regelmäßig Mops-Rennen veranstalten. Es ist und bleibt ein Hunde-Leben. Wenn auch ein ziemlich glamouröses.

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