München:Mehr Dreck in der Luft, als Brüssel erlaubt

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Als erste deutsche Stadt ist in der Isarmetropole zum 35. Mal in diesem Jahr der EU-Grenzwert für Feinstaub-Belastung überschritten worden. Umweltverbände fordern Fahrverbote für den Schwerverkehr. Doch davon will Stoibers Umweltminister nichts wissen.

An der viel befahrenen Landshuter Allee wurde am Donnerstag der entsprechende Tageswert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft erreicht, teilte das bayerische Umweltministerium am Freitag mit. Nach der seit Jahresbeginn geltenden neuen EU-Richtlinie darf der Wert maximal an 35 Tagen im Jahr überschritten werden.

Angesichts der bevorstehenden Überschreitung des EU-Limits haben der Bund Naturschutz (NH) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Fahrverbote zum Beispiel für Lastwagen gefordert, die bereits ab dem Osterwochenende gelten sollten.

Die Verbände wollen zusammen mit betroffenen Anwohnern eine Musterklage zur Durchsetzung der Grenzwerte beim Verwaltungsgericht in München einreichen, sollten entsprechende Maßnahmen unterbleiben, hieß es.

Insbesondere die Regierung von Oberbayern und die bayerische Staatsregierung blockierten gesundheitsfördernde Sofortmaßnahmen wie eine Sperrung des Stadtgebiets für den Schwerlastverkehr.

Auch die Grünen forderten die Staatsregierung auf, endlich zu handeln, "anstatt sich dauernd aus dem Staub zu machen", sagte der Landesvorsitzende Sepp Daxenberger. Von den 25 Messstellen im Bundesgebiet, an denen am häufigsten der Grenzwert überschritten worden sei, liegen den Angaben zufolge 13 in Bayern.

Trittin: Länder können City-Maut einführen

"Der Freistaat ist Spitzenreiter in Sachen Feinstaub." Die Grünen verlangten zeitweise Fahrverbote sowie das Recht, eine City-Maut einzuführen. Außerdem sei eine staatliche Förderung von Diesel-Rußfiltern überfällig.

Nach Angaben des CSU-Rechtsexperten im Europaparlament, Joachim Wuermeling, können Strafzahlungen wegen Überschreitens der Partikelwerte frühestens in zwei Jahren verhängt werden. "Es bleibt genügend Zeit, um in Ruhe die notwendigen Maßnahmen zur Verringerung des Feinstaubs einzuleiten", sagte Wuermeling.

Wie in München ist auch in einer ganzen Reihe weiterer Städte bundesweit bald ein Überschreiten der EU-Werte zu erwarten. Was dann geschieht, ist unklar. Das Bundesumweltministeriums wies wiederholt darauf hin, dass Städte und Länder für die Einhaltung der neuen EU-Feinstaubhöchstgrenzen sorgen müssen.

"Weder der Bund noch die EU schreiben den Kommunen vor, welche Maßnahmen sie dazu ergreifen müssen", sagte Sprecher von Jürgen Trittin (Grüne) in Berlin. Die Einführung einer City-Maut beispielsweise könnten die Länder bereits per Gesetz regeln, wenn sie wollen.

Der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) sagte: "Bund und EU haben versäumt, den Kommunen Instrumente an die Hand zu geben." Die steuerlichen Anreize zur Nachrüstung oder Stilllegung von Fahrzeugen müssten in Berlin geschaffen werden. Generelle Fahrverbote und die City-Maut lehnt Stoibers Minister ab.

In München kann nach Angaben der Stadt eine Sperrung des Mittleren Rings für Lkw-Transitverkehr bisher nicht verhängt werden, da die Frage noch im Umweltministerium geprüft werde.

Feinstäube besitzen einen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer. Sie sind nach Erkenntnissen von Medizinern für Herz- Kreislauferkrankungen und Lungenkrebs verantwortlich. Einer EU-Studie zufolge sterben in Deutschland 65.000 Menschen jährlich vorzeitig an den Folgen von Fein- und Feinststäuben.

Als extrem gefährlich gelten dabei die Feinststäube von 2,5 Mikrometer. Gerade sie stehen im Verdacht, Krebs und andere Erkrankungen hervorzurufen.

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