München im Suppen-Fieber:"Das flutscht richtig"

Lesezeit: 2 min

Überall in der Stadt eröffnen neue Suppenküchen - die flüssige Mahlzeit liegt vor allem als gesunder Mittagssnack im Trend.

Christina Warta

Er will stets im Trend liegen, und deshalb sitzt Hugo Bachmaier nun strahlend an einem Tisch in seiner Wirtschaft an der Leopoldstraße und löffelt Zwiebelsuppe. "Wir hatten die Idee schon länger in der Schublade", berichtet der Wirt. Nun hat er sie mit seiner Partnerin Tanja Winkler realisiert: ein Suppenbuffet. Zum Essen im Lokal oder zum Mitnehmen in den nahen Englischen Garten. Auf gut Neudeutsch heißt das bei Hugo Bachmaier: "Suppentopf to go".

Suppenküche am Viktualienmarkt. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Die Suppe, dieses Gericht mit dem etwas altmodischen Image, erlebt derzeit eine Art Renaissance. Überall in der Stadt haben kleine Läden eröffnet, die mittags, teils auch abends, dampfende Suppen anbieten: nach bodenständigen deutschen, asiatischen oder mediterranen Rezepten, als kleine und große Portion, am Buffet oder zum Mitnehmen. "Das Essverhalten am Mittag hat sich verändert", hat Bachmaier in seinem Lokal festgestellt. Der Büromensch hat erstens keine Zeit, will zweitens nicht von einem üppigen Schweinebraten in die Knie gezwungen werden und meidet drittens ungesunde Zutaten.

Das Interesse wächst

Unerwartet kommt dieser Trend nicht gerade. In New York, London oder Berlin haben sich die Suppenküchen längst etabliert, und auch in der Haute Cuisine wurde der Ruf des früheren Arme-Leute-Essens zuletzt intensiv aufpoliert. Serviert werden dort schon längst keine banalen "Suppen" oder "Eintöpfe" mehr, sondern mindestens "Süppchen", am besten noch mit In-Gewürzen wie Bärlauch kombiniert. Und Drei-Sterne-Koch Dieter Müller, der im Herbst mit seiner neuen Dinnershow "Do Brazil" in München Station macht, kredenzt seinen Gästen dann voraussichtlich einen "Cappuccino vom Zitronengras".

In anderen Großstädten gehören die Suppenküchen ebenso wie Fastfood-Restaurants und Sandwich-Läden längst zum Standard mittäglicher Verköstigung. "Das gibt's dort schon seit zehn Jahren", sagt Uwe Aurin, der mit seiner Frau Astrid in der Blumenstraße das "Soupmama" betreibt. In Wien hat das Ehepaar vor rund fünf Jahren die erste Suppenbar eröffnet - und konnte von dem Boom profitieren. Auf den gleichen Effekt hoffen sie nun mit ihrem schmalen und schlicht eingerichteten Laden am Rande des Viktualienmarktes.

Der wird sich vermutlich tatsächlich einstellen - denn auch Münchens Unternehmen mit der größten Erfahrung in Sachen Suppe kann den Trend bestätigen. "Das Interesse an Suppen ist definitiv größer geworden", erläutert Aksana Gräßler von der "Münchner Suppenküche". Seit 26 Jahren existiert die Firma, mittlerweile sind allein 40 Mitarbeiter in den drei Filialen am Viktualienmarkt, in der Schäfflerstraße, in den Riem-Arcaden und in der Verwaltung beschäftigt. "Ein enormes Marktpotential ist sichtbar geworden." Außerdem eröffnete die "Suppenküche" 2007 vier Franchise-Filialen. "Im Jahr besuchen uns 1,5 Millionen Gäste", heißt es aus der Zentrale, "Tendenz steigend."

Derlei Zahlen kann Adolf Bany von der "Suppenschüssel" in der Brienner Straße noch nicht vorlegen, er hat erst im Herbst 2007 eröffnet. Aber auch er merkt den zunehmenden Hunger seiner Kunden auf flüssige Mahlzeiten. "Wenn Sie vor zwei Jahren gesagt hätten, dass Suppen eine Trendmahlzeit sind, dann hätte ich gelacht", sagt er. Das ist passé: Mittags stehen die Angestellten aus den vielen umliegenden Büros an seinen Suppentöpfen Schlange. "Das flutscht richtig", sagt er zufrieden.

Dass ausgerechnet die Suppe zu einer Art Modemahlzeit mutieren konnte, liegt wohl auch daran, dass fast alle Anbieter ihre Suppen mit biologischen Zutaten und ohne künstliche Zusatzstoffe bereiten. "Suppen sind auch relativ leicht allergie- oder cholesterinfrei herzustellen", sagt Adolf Bany. Der Trend zur ökologischen und gesunden Ernährung spielt den Suppenköchen in die Hände.

Und nicht zuletzt tut das auch die Globalisierung. Thailändische Glasnudel- und marokkanische Couscous-Suppen, skandinavische Variationen und französische Fischsuppen werden mittlerweile mindestens genauso gerne gelöffelt wie Gulasch- und Kartoffelsuppen. Am häufigsten geht in der "Münchner Suppenküche" die Karotte-Kokos-Ingwer-Suppe über den Tresen, 2007 wurden davon 27000 Liter verkauft. Der Klassiker Gulaschsuppe muss sich mit Platz zwei (11000 Liter) begnügen. Und Astrid Aurin beschäftigt sich mit Vorliebe damit, "bekannte Gerichte zu versuppen", wie ihr Mann stolz berichtet. An die Weißwurst hat sie sich bislang allerdings noch nicht gewagt.

© SZ vom 03.05.2008/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: