Mordprozess im Schwurgericht:"Spaß hat es nicht gemacht"

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Ehemaliger Faschingsprinz erwürgte bei einem Streit seine Freundin, will aber im Affekt gehandelt haben.

Alexander Krug

Wenn stimmt, was Stefan M. im Schwurgericht im Plauderton von sich gibt, dann war der 36-jährige Speditionskaufmann ein Bonvivant, dem die Frauen zu Füßen lagen. Mit 15 Jahren fing er an, und in den Folgejahren gab es offenbar keinen Monat, in dem er keine Affäre oder Romanze hatte. Mitunter führte er auch eine feste Beziehung, was ihn allerdings nicht am Fremdgehen hinderte.

Angeklagt wegen Mordes: Stefan M. im Schwurgericht. (Foto: Foto: ebu)

Um Ausreden oder Geschichtenerfinden war der ehemalige Faschingsprinz dabei nie verlegen, für alles hatte er eine Erklärung parat. Ausgerechnet für eine Frage findet er nun aber keine Antwort: warum er im August vorigen Jahres seine Freundin umgebracht hat.

Stefan M. ist angeklagt wegen heimtückischen Mordes an seiner zehn Jahre jüngeren Freundin Marion G. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die arg- und wehrlose Speditionskauffrau am 22. August 2007 in der gemeinsamen Wohnung in Oberschleißheim erwürgt zu haben. Die Freundin habe einer neuen Liaison im Wege gestanden und deswegen sterben müssen, meint der Staatsanwalt. Der Angeklagte räumt die Tat ein, doch ein Mörder will er deswegen nicht sein.

"Ich hab' nach der einen gesucht"

Stefan M. ist gebürtiger Freisinger und ging in Moosburg zur Schule. Hier reichte es nur zum Hauptschulabschluss, weil er mehrmals sitzenblieb. "Ich war einfach stinkfaul", sagt er. Auch die Prüfung zum Speditionskaufmann schaffte er in zwei Anläufen nicht, seine Ausbildungsfirma übernahm ihn trotzdem. Bei den Frauen war Stefan M. erfolgreicher, ihre Namen kommen ihm leicht über die Lippen: Petra, Katrin, Nadine, Monika, Jennifer, Susi, "ich hab' nach der einen gesucht, aber sie nie gefunden", meint er.

1998 wurde er in Moosburg Faschingsprinz, mit der Faschingsprinzessin war er sechs Jahre liiert. Die Beziehung wurde ihm schließlich "zu fest", und überhaupt sei die Freundin am Ende "zu dominant" geworden. Paradox nur, dass Stefan M. offenbar tonangebende Frauen anzog, weil er selbst über wenig Selbstwertgefühl verfügt.

Seine erste und einzige Ehe hielt sieben Jahre, die Frau habe "alles bestimmt und alles gemacht, und ich wurde immer bequemer". Schon vor der Scheidung hatte er Marion G. kennengelernt. Auch sie soll eine "sehr dominante Person" gewesen sein, "ich habe mich immer gefügt, weil es bequemer war, den Konflikten aus dem Weg zu gehen". Im Juli 2007 zog das Paar von München nach Oberschleißheim, angeblich war die Heirat geplant. Das hinderte ihn aber nicht daran, nebenbei eine Affäre mit Petra P. (Name geändert) anzufangen. Die 25-Jährige vergötterte ihn, und das gefiel Stefan M.: "Für mich war es nur eine Art Zeitvertreib, nichts Ernstes."

"Der sucht nur nach Ausreden"

Am Abend des 22. August lud er dennoch Petra P. zu sich nach Hause ein. "Ich wollte eine Aussprache mit beiden Frauen", behauptet er. Marion G. will er bereits vor diesem Treffen von der anderen erzählt haben. "Sie sprang auf und schmierte mir eine", sagt er. Im Wohnzimmer habe es dann ein "Gerangel" gegeben, bei dem beide zu Boden gefallen seien: "Ich kniete auf ihr und habe mit beiden Händen am Hals zugedrückt." Wie lange, will der Richter wissen. "Zwei, drei, fünf Minuten", antwortet Stefan M. "Warum so lange?" - "Ich weiß es nicht, ich finde einfach keine Antwort, warum ich so einen Ausraster hatte."

Nach der Tat wickelte Stefan M. die Leiche in eine Decke und versteckte sie im Keller. Dann beseitigte er die Kampfspuren und empfing Petra P.: "Wir haben zusammen Fußball geschaut und dann miteinander geschlafen." Wo, will der Richter wissen. "Im Wohnzimmer auf dem Sofa." Wie weit das vom Tatort weg stehe. "Na so vier Meter." Ob er damit keine Probleme gehabt habe? "Es funktionierte irgendwie, aber Spaß hat es nicht gemacht."

Am Tag nach der Tat schaffte Stefan M. die Leiche in ein Waldstück bei Landshut, dann gab er eine Vermisstenanzeige auf. In der Nacht zum 24. August will er einen ernstgemeinten Selbstmordversuch mit Tabletten unternommen haben, doch das nimmt ihm im Gericht kaum noch einer ab. Die Angehörigen von Marion G. sitzen erstarrt im Saal. Die Empörung ist ihnen anzumerken. Ihr Anwalt Florian Herrmann hat für die Angaben des Angeklagten nur ein spöttisches "der sucht nur nach Ausreden" übrig.

© SZ vom 03.06.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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