Mögliche Anschlagspläne auf Maget:CSU wirft Schily Tabubruch vor

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Die CSU wettert kurz vor der Bayern-Wahl gegen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD). Dieser hatte behauptet, SPD-Spitzenkandidat Franz Maget sei im Visier der wegen Anschlagsplänen inhaftierten Münchner Neonazis gewesen. Für Stoibers Getreue eine maßlose Übertreibung: Schily wolle bloß Magets schlechte Umfragewerte aufpolieren.

Kurz vor der Bayern-Wahl ist Franz Maget doch noch zum bundesweiten Gesprächsthema geworden. Der bislang blasse SPD-Herausforderer von Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) soll im Visier der wegen Anschlagsplänen inhaftierten Münchner Neonazis gewesen sein, wie Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sagte.

Terrorwarnung als sozialdemokratischer Freundschaftsdienst? Bayern-Kandidat Franz Maget und Innenminister Otto Schily, beide SPD. (Foto: Foto: dpa)

Schilys Äußerung sorgte in München am Dienstag für erheblichen Wirbel - allerdings weniger aus Sorge um Maget. Stoibers Leute zeigten sich erbost über Schily, der ihrer Meinung nach aus einer Mücke einen Elefanten gemacht hat, um wenige Tage vor der Landtagswahl Magets schlechte Popularitätswerte aufzupolieren.

Beckstein legt die übliche Zurückhaltung ab

Nachdem Schily vorgelegt hatte, legte auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) die sonst übliche Zurückhaltung bei laufenden Verfahren ab.

"Es ist aber in keiner Weise, von keinem Mitglied der Gruppe, davon gesprochen worden, dass man gegen Herrn Maget etwas unternehmen wolle", plauderte Beckstein munter im Bayerischen Rundfunk Details aus den Vernehmungen aus.

Von einem jungen Mann aus Magets Nachbarschaft habe der Anführer der Rechtsextremisten, Martin Wiese, nur einen Zettel mit dem Namen und der Adresse Magets erhalten. Dass der 49-jährige SPD-Politiker im Visier der Neonazis gewesen sei, sei deshalb "übertrieben".

Wut im Stoiber-Lager

Das außergewöhnliche Vorgehen Becksteins geht auf die Wut im Lager Stoibers zurück. Hinter vorgehaltener Hand zeigten sich dessen Vertraute mehr als verwundert über Schily und warfen ihm einen Tabubruch vor.

Offensichtlich habe der Bundesinnenminister Wahlkampf machen wollen und dazu eigentlich wenig aussagekräftige Informationen zugezogen, hieß es. Denn von einem echten Ausspionieren Magets könne überhaupt keine Rede sein.

Bei den Ermittlern stießen indes sowohl Schilys als auch Becksteins Aussagen auf Kopfschütteln. "Kontraproduktiv" sei das Vorgehen der Politiker, hieß es dort.

Meinungsforscher erwarten keine großen Auswirkungen

Der in Langeweile erstarrte bayerische Landtagswahlkampf wurde damit kurz vor der Wahl am Sonntag noch einmal aufgeheizt. Ob die Debatte etwas am Ausgang ändern wird, scheint allerdings zweifelhaft.

Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, erwartet "keine allzu großen Auswirkungen". "Dass Maget ins Fadenkreuz geraten ist, könnte die Reste der SPD-Anhänger in Bayern zusammenschweißen. Einen Zusatzschub wird es aber nicht bringen", sagte Güllner. Forsa sah die CSU zuletzt bei 61 Prozent und die SPD bei 20 Prozent.

Der mögliche Triumph Stoibers, der die Abstimmung am Sonntag zur "Denkzettel-Wahl" und damit zur späten Revanche für seine eigene Niederlage bei der Bundestagswahl erklärt hat, dürfte die Sozialdemokraten in Berlin dabei fast weniger schmerzen als die drohende Rekordpleite in Bayern.

Selbst der dortige Landeschef Wolfgang Hoderlein zweifelte schon die Berechtigung der SPD als Volkspartei an, falls sie im Bundesland mit der zweitgrößten Bevölkerungszahl nur noch unter 25 Prozent liegt.

Die Hilflosigkeit der SPD

Dem im Wahlkampf fleißigen, aber bis zu seiner zweifelhaften Berühmtheit als mögliches Attentatsziel weitgehend unbekannten Maget will Güllner die zu erwartende Schlappe indes nicht anlasten. "Das Problem der bayerischen SPD ist nicht Herr Maget, das Problem ist die Partei selbst. Es gibt kein Motiv in Bayern die SPD zu wählen", sagte Güllner.

Über Jahre hätten die Sozialdemokraten einen Niedergang im Freistaat erlebt. "Da kann ein Spitzenkandidat noch so gut sein, ein besseres Ergebnis bekommt er dadurch nicht." Im Gegensatz dazu erreiche die CSU und vor allem Stoiber mittlerweile Beliebtheitswerte, die in keinem anderen Bundesland zu finden seien.

Das medienwirksame Aufdecken der Anschlagspläne der Neonazi-Gruppe "Kameradschaft Süd", die insbesondere ein Sprengstoffattentat auf die Bausstelle des jüdischen Gemeindezentrums in München ins Auge gefasst haben soll, könne das positive Bild noch weiter gebessert haben.

Schließlich ließ Beckstein keine Gelegenheit aus, die bayerischen Polizisten über den grünen Klee zu loben. Vorwürfe, die Gefahr von rechts sei in Bayern unterschätzt worden, wies er dabei zurück. Damit bastelte Beckstein weiter an dem Bild, das die Menschen in Bayern laut Güllner ohnehin haben: "Kriminalitätsbekämpfung ist etwas, was man sehr stark der CSU zutraut."

(sueddeutsche.de/AFP)

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