Mobil in München:Zukunft zwischen Blechlawine und MVV

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Stadtbaurätin Christiane Thalgott präsentiert Überlegungen zum Ausbau des Straßen- und ÖPNV-Netzes.

Dominik Hutter

160.000 Zuzügler in Stadt und Umland, gut 110.000 neue Arbeitsplätze - was in anderen Teilen Deutschlands Jubel-Arien auslösen würde, bereitet den Münchner Verkehrsplanern Kopfzerbrechen.

Der neue Verkehrsplan: zu MVV-lastig? (Foto: Foto: ddp)

Vor allem der motorisierte Pendlerverkehr wird in den nächsten Jahren stark zunehmen, haben die Untersuchungen für den Verkehrsentwicklungsplan ergeben. Heute entscheidet der Stadtrat über den Fahrplan in Münchens mobile Zukunft.

Knatsch ist in jedem Fall zu erwarten, wenn Stadtbaurätin Christiane Thalgott ihren in mehrjähriger Arbeit ausgetüftelten Verkehrsentwicklungsplan (VEP) dem Planungsausschuss vorlegt.

Autoflut oder MVV-lastig?

Denn das Papier, das auf den Ausbau von Straße wie MVV gleichermaßen setzt, wird bei SPD und Grünen als allzu autofreundlich, bei der CSU als einseitige Bevorzugung des öffentlichen Nahverkehrs bekrittelt.

Eine "resignative Haltung" gegenüber der Autoflut glaubt die Rathauskoalition ausgemacht zu haben - zur Empörung Thalgotts, die allerdings eine gewisse Ernüchterung durchaus einräumt.

SPD und Grüne wollen nun per Änderungsantrag die Gewichte wieder mehr in Richtung MVV verschieben - durch den Verzicht auf diverse Straßenprojekte des VEP: den sechsspurigen Ausbau des Isarrings etwa oder die eigentlich längst abgesegnete Verbreiterung des Föhringer Rings.

Die CSU hingegen lehnt vor allem die im VEP vorgesehenen Tram-Neubaustrecken ab - weil die erforderlichen Umbauten in der Leopold- und Fürstenrieder Straße die tägliche "Aktion ruhender Berufsverkehr" noch verstärken würde.

Der VEP, ein rein planerisches Gerüst ohne jede Finanzierungsaussage, geht von der Grundthese aus, dass eine allzu starke MVV-Fixierung des Verkehrsetats enorme Kosten bei vergleichsweise bescheidenem Effekt auslösen würde.

Der ohnehin schon sehr hohe MVV-Anteil in München könne allenfalls mit gigantischen Investitionen noch gesteigert werden.

Gesucht: der goldene Mittelweg.

Angesichts der wachsenden Zersiedelung in immer abgelegeneren Gegenden des Umlands sei es schon eine Herausforderung, den Status quo beim Verkehrsmittel-Mix überhaupt zu halten.

Die bei Auto-Fans nun naheliegende Schlussfolgerung, das Geld überwiegend für Straßen zu verwenden, wurde bei den Analysen ebenfalls verworfen. Die dann zu erwartenden Zuwächse auf vier Rädern ließen die frisch gebauten Straßen sofort wieder voll laufen.

Ganz abgesehen davon, dass zumindest in der Innenstadt der Straßenraum nicht mehr beliebig erweiterbar ist und dass es auch noch andere Ziele in der Stadtpolitik gibt: Umweltschutz, Gesundheit oder Lebensqualität - und das harmoniert nicht wirklich mit einer wachsenden Blechlawine.

Der goldene Mittelweg soll es also sein, haben die Planer herausgefunden. Und der sieht dann, geschnürt als Maßnahmenpaket, so aus:

Maßnahmen bis 2015

Als Erstes werden die bereits begonnenen oder zumindest sicher finanzierbaren Projekte umgesetzt. Dazu zählen neben dem Tunnel Richard-Strauss-Straße und der Nordumgehung Pasing die Verlängerung der U3 bis Moosach, die der U6 bis zum Garchinger Forschungszentrum und der Neubau der Parkstadt-Tram Linie23.

Stufe zwei sind die bereits geplanten, aber finanziell noch wackeligen Vorhaben, die aber auch bis 2015 fertig sein könnten: unter anderem der Tunnel am Luise-Kiesselbach-Platz, mit dem 2009 begonnen werden soll, der Ausbau des Autobahn-Ostrings sowie des Isar- und Föhringer Rings, der Durchstich Stäblistraße sowie die Südanbindung Perlach.

Aus der MVV-Perspektive umfasst Stufe zwei die zweite S-Bahn-Stammstrecke, die Verlängerung der U4 nach Englschalking, die U5 nach Pasing, die U6 nach Martinsried, die Tram-Nord- und Westtangente sowie die Verlängerung der Linie27 bis zur Großhesseloher Brücke.

© SZ vom 22.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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