Mini-WM im Olympiastadion:Punk aus dem Kinderzimmer

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Der Trend zum sehr jungen Rockstar geht weiter: Die "Killerpilze" spielen am Dienstag und Mittwoch bei "Young & Free" im Rahmen des "Jetix Kids Cups", einer kleinen Fußball-WM für Kinder und Jugendliche unter 13 Jahren im Olympiastadion.

Alexandra Pilz

Während im vergangen Jahr auf dem Königsplatz Wir sind Helden ihrem Namen alle Ehre machten, arbeiteten auf der Nebenbühne des "Oben Ohne"-Festivals vier Jungs aus Dillingen an der Donau an ihrem großen Durchbruch. Die Hosen ganz schön groß, die Haltung ganz schön selbstbewusst, nahm die Invasion ihren Lauf.

Mit 13 Jahren schon ein Stadionauftritt: Die Killerpilze. (Foto: Foto: oh)

Nur ein Jahr später sind die Killerpilze auf der Hauptbühne des Königsplatzes angelangt, wo sie am 22. Juli wieder spielen; sie sind mit ihrem Debüt-Album in die Charts eingestiegen; sie sind auf dem Weg zum Schülerfestival "Young & Free" im Olympiastadion, wo sie am 4. und 5. Juli auftreten - und bis auf eine Ausnahme sind sie noch immer nicht volljährig. Mäx feierte am 3. Juli seinen 18. Geburtstag, Jo ist 16, Schlagi 17 und Trommler Fabi gerade einmal 13 Jahre alt. "Er bringt den jugendlichen Touch rein", sagt Jo, Fabis Bruder.

Von Teenagern verehrt, von Kollegen gelobt, von Bravo, Bild und Viva in den Vordergrund gerückt, gelten die Killerpilze schon jetzt als würdige Erben von Tokio Hotel. "Der Vergleich kommt sehr oft, aber es sind einfach zwei völlig verschiedene Welten - wir machen Punkrock, Tokio Hotel machen Pop", meint Jo. Gemein ist beiden allerdings das Label: Universal nahm das Quartett unter Vertrag, nachdem zuvor schon die Hotel-Boys Bill, Tom und Co. dort groß geworden waren.

Abgrenzen von der Masse

Der Trend zum sehr jungen Rockstar hält an, und das nicht nur deutschlandweit: In den USA sorgen derzeit Panic at the Disco! für Aufregung, in Großbritannien lassen The Kooks von sich hören, während hier gerade die Aachener Sängerin LaFee aufgebaut wird. Und die ist gerade einmal 15. So trifft sich also der Chartnachwuchs bei Veranstaltungen wie der "Bravo-Supershow", von Zusammengehörigkeitsgefühl kann dennoch kaum die Rede sein. Es gilt, sich abzugrenzen von der Masse.

Diesbezüglich können die Killerpilze zufrieden sein: Das Debüt-Album "Invasion der Killerpilze" stieg nach seiner Veröffentlichung im Mai auf Platz 7 in die Albumcharts ein, die Single "Richtig Scheiße (auf 'ne schöne Art und Weise)" hatte es zuvor in die Top 20 geschafft. Text und Musik liegen in den Händen von Jo und Mäx.

"Jeder hat Ideen, wir arbeiten sie zu zweit aus", erklärt Jo. Das Ergebnis ist geschliffener Punkrock mit rotzigen Texten ("Du gehörst zum allerletzten Pack, und dein Geschleime geht uns auf den Sack"). Denn, so Jo: "Wir sind Jugendliche, und es sollen sich andere Jugendliche damit identifizieren."

Die Geschichte von Mäx, Schlagi, Fabi und Jo beginnt vor knapp vier Jahren, als sich aus den Schulfreunden die Killerpilze formierten. Zwei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug - so stehen sie jetzt auf der Bühne, zuvor übten sie sich auf anderen Instrumenten. Jo spielt seit der ersten Klasse Klavier, Fabi ist bayerischer Meister im Trompeten.

"Es gilt, die Schule zu schaffen"

Geprobt wurde im Keller, gespielt auf den kleinsten Bühnen, zu denen die Eltern ihre Söhne meist chauffieren mussten. "Wir haben in ganz Bayern etwa 70 Gigs gespielt", sagt Jo - bevor Ende Oktober des vergangenen Jahres der richtige Mann im Publikum stand. "Dem hat's gefallen, und kurze Zeit später hatten wir unseren Vertrag mit Universal."

Seither ist der Zeitplan der vier eng gesteckt: Mäx und Fabi bekommen nach wie vor Unterricht für Gitarre und Schlagzeug, mindestens einmal die Woche ist eine Bandprobe angesetzt. Es gilt, die Schule zu schaffen, nebenher Interviews zu geben.

Die Wochenenden sind mit Fernsehauftritten gespickt, die Ferien für Live-Auftritte reserviert. Shows beim Bad Tölzer "Hillside Festival" und beim "Zeltfestival" in Burghausen stehen fest. "Unsere Eltern achten darauf, dass es nicht zu viel wird", sagt Jo. "Sie finden es toll, was wir machen, wollen aber nicht, dass wir verheizt werden."

Die ersten Einblicke in die Musikbranche liegen bereits hinter ihnen, und auch wenn Jo es als "cool" bezeichnet, in die Welt der Stars hineinschnuppern zu dürfen, ist er um Zurückhaltung bemüht. "Man kann sich das nicht vorstellen, wenn man nur von außen darauf blickt. Vieles kommt im Fernsehen einfach nicht so rüber, wie es wirklich ist. Positiv wie negativ."

Lob von allen Seiten

Bisheriges Highlight: ein Treffen mit Rod Gonzales von den Ärzten, die - das ist leicht herauszuhören - großes Vorbild für die Killerpilze sind. Gonzales habe die Musik der etwaigen Nachfolger richtig gut gefallen, wie überhaupt einiges an Lob von Kollegen auf die Shootingstars einprasselt.

Beispielsweise hat ein Profi schon früh das Potenzial der Dillinger erkannt: Florian Rein, Schlagzeuger der Bananafishbones, lernte die Killerpilze bei einem Bandworkshop in Bad Tölz kennen. "Die sind klasse", meint er. "Sie waren damals mit Abstand die besten."

Die Killerpilze, deren Namen übrigens auf riesige Pilze zurückgeht, die Fabi einst auf seiner Pizza hatte, schwimmen auf der Welle des Erfolgs. Aber auch hier zeigen sich die jungen Rockstars erwachsener als manch andere. "Wir machen auf jeden Fall unseren Schulabschluss", sagt Jo. "Kann ja sein, dass in einem Jahr alles wieder vorbei ist."

© SZ vom 3.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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