Mammutprozess: Acht Jahre Haft:Betrüger unter sich

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Ein richtiges Gaunerstück: Ein Betrüger trifft einen Hochstapler. Von Nordzypern aus dreht er krumme Geschäfte. Vor Gericht fällt ihm viel ein, um den Prozess zu verzögern.

Alexander Krug

Bis zuletzt hat er alles versucht, hat die Richter mit hunderten Beweisanträgen eingedeckt und immer neue Zeugen aufgeboten. Doch genutzt hat es Peter F., 63, nichts. Nach fast zehnmonatiger Verhandlungsdauer und insgesamt 42 Sitzungstagen verurteilte ihn das Landgericht am Mittwoch wegen Betruges und Urkundenfälschung zu acht Jahren Haft. "Sie wollten uns in ein unendliches Verfahren hetzen, aber das ist Ihnen nicht gelungen", resümierte Richterin Huberta Knöringer.

Der Fall des Peter F. hat im Grunde alle Zutaten für ein richtig großes Gaunerstück. Nach Überzeugung des Gerichts war der gelernte Kaufmann mit zeitweiligem Münchner Wohnort von Anfang an auf das große Geld aus, an das er freilich nicht legal zu kommen gedachte.

Im Visier hatte er den so genannten Grauen Kapitalmarkt, also den Teil der Finanzmärkte, der keiner staatlichen Aufsicht unterliegt. Sein erster Versuch brachte ihm 1998 eine Haftstrafe von sechs Jahren, neun Monaten ein. Kaum auf Bewährung entlassen, setzte er sich ins international isolierte Nordzypern ab und nahm dessen Staatsbürgerschaft an, wohlwissend, dass er dort leichteres Spiel mit krummen Geschäften haben würde.

Wehrloser Hochstapler

Sein Ziel war die Übernahme einer Bank, mittels derer er seine betrügerischen Finanzgeschäfte verschleiern konnte. Mit Hilfe von Strohmännern betrieb er den Aufkauf der Aktien der "Yesilada Bank", doch die Bankaufsicht wurde misstrauisch. In dieser Situation kam er in Kontakt mit Hans Widmer, einem Schweizer Hochstapler, der in Baar (Kanton Zug) mit einem betrügerischen Devisenhandel mehr als 1400 Anleger um rund 125 Millionen Schweizer Franken geprellt haben soll. Widmer suchte für seine Beute einen sicheren Hafen - dass er dabei ausgerechnet an den Angeklagten geriet, macht diese Gaunerkomödie noch bizarrer.

Widmer überwies rund 18 Millionen US-Dollar nach London, die Peter F. mittels gefälschter Verträge auf sein Konto in Nordzypern leitete. Alles schien gut zu laufen, zumal Widmer sich nicht wehren konnte, da er im Dezember 2002 festgenommen wurde. Um eine günstigere Strafe auszuhandeln, soll Widmer nun alles daran gesetzt haben, zur Schadenswiedergutmachung an das Geld wieder heranzukommen.

Nicht mehr erwünscht

"Damit haben Sie nicht gerechnet", sagte Richterin Knöringer. Die nordzypriotischen Behörden leiteten ein Verfahren gegen Peter F. ein. Zwar endete dies mit einer Einstellung, doch gleichzeitig wurde ihm die Staatsbürgerschaft aberkannt, und er wurde in die Türkei abgeschoben. Dort war Peter F. aber ebenfalls nicht mehr erwünscht. Er wurde abgeschoben und landete letztendlich wieder in München.

Der Kreis hatte sich wieder geschlossen, doch das Verfahren war alles andere als einfach. Zumal der betrogene Betrüger, der Schweizer Hochstapler Hans Widmer, inzwischen gestorben war und viele Zeugen aus Nordzypern, mit dem es kein Rechtshilfeabkommen gibt, dem Gericht nicht zur Verfügung standen. Verteidiger Andreas Schwarzer rügte diesen Umstand und forderte daher eine Einstellung des Verfahrens.

Peter F. hatte während des Prozesses beharrlich zu den Vorwürfen geschwiegen, aber eigenhändig 104 Beweisanträge gestellt, die sich mit weiteren Repliken und Gegenrepliken schließlich auf "mehrere hundert" summierten. Richterin Knöringer sprach von einer "beabsichtigten Prozessverschleppung", die Peter F. schon einmal, nämlich bei seinem Prozess 1998 angewandt habe. Doch die Taktik sei diesmal nicht aufgegangen, so die Richterin.

Der Angeklagte machte während der Urteilsbegründung fleißig Notizen. Er wird nach Angaben von Anwalt Schwarzer Revision gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof einlegen. Von den insgesamt ergaunerten 18 Millionen US-Dollar sind bis heute 4,3 Millionen verschwunden.

© SZ vom 11.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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