M. Schauerte und D. Schönecker:Der hochprozentige Herzog

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Viel sanfter als der mittelalterliche Wüterich: In einem Hinterhof in der Maxvorstadt destillieren zwei junge Profis Bio-Gin.

Andreas Schätzl

Gin ist wieder "in". Nach Whisk(e)y, Rum und Wodka feiert der Wacholder-Schnaps seine Wiederentdeckung in den Trend-Bars, Spirituosen-Fachgeschäften und Edel-Partys dieser Welt. Vorbei scheint die Zeit, als dieser Klare als billige Alternative herhalten musste, wenn die Konsumenten gerade mal keine Lust hatten auf Korn oder Sechsämtertropfen.

Natürlich sind die Marketing-Abteilungen nicht schuldlos an dem Revival des einstigen Arme-Leute-Brands, aber den Aufstieg hat der Gin sich letztlich selbst zu verdanken: Es werden mittlerweile immer bessere Sorten angeboten, frei von erbarmungslosen Attacken auf Schlund und vor allem Magen. Gin ist - vielfältig - salonfähig geworden.

Den Trend haben auch zwei junge Münchner erkannt, und so folgten sie nach dem Geschichtsstudium nicht etwa dem normalen Weg zu Praktikum oder Referendariat, sondern zweigten ab zur Gin-Brennerei. Nach langen Jahren des (studiumbegleitenden) intensiven Lernens und Experimentierens fühlten sich Maximilian Schauerte und Daniel Schönecker im vergangenen Jahr in der Lage, ihre eigene Variante dieses Destillats herzustellen und anzubieten. "The Duke - Munich Dry Gin" nennen sie ihr Produkt, das - klassischer geht es kaum - in einem Hinterhofgebäude an der Barer Straße hergestellt wird.

Dort steht in einem kleinen, flachen Bau, der wie eine ehemalige Werkstatt aussieht, eine beeindruckende Apparatur, die auf den ersten Blick anmutet, als sei sie direkt von Kapitän Nemos U-Boot "Nautilus" aus "20000 Meilen unter dem Meer" hier angelandet: mehrere säulenförmige Kessel, verbunden und umgeben mit einer Vielzahl von Rohren und anderen Leitungen, größtenteils aus köstlich altmodisch-hochglanzpoliertem Kupfer, und mit Sichtfenstern versehen, die Bullaugen ähneln.

Darin wird gebrannt, und zwar auf eine sehr ausgeklügelte Art, deren genaue Spezifikation das Geheimnis von Persephone Destillerie GbR bleibt, wie das Unternehmen offiziell heißt.

Da ist dann die Rede von einer schonenden Destillation bei niedrigen Temperaturen, von Vor-, Mittel- und Nachlauf, oder von Kältefiltration, "damit Reinheit und Klarheit des Endprodukts gewährleistet sind", wie Maximilian Schauerte ausführt. Er erklärt die genauen Abläufe in der Brennanlage, die von einem namhaften Hersteller aus Baden-Württemberg kommt.

Der unbedarfte Interessent bekommt einen ersten Eindruck von den hochkomplexen Vorgängen, und vor allem von der Erfahrung und dem Gespür, die unerlässlich sind für ein erfolgreiches Brennen. ",The Duke wird mit 45 Prozent Alkoholgehalt auf Flaschen gezogen, da muss der Stoff umso voller, weicher und milder sein, um nicht einfach nur scharf zu kommen", erklärt Daniel Schönecker.

Besonders stolz sind die beiden jungen Schnapsbrenner darauf, dass sowohl der Gin als auch die gesamte Brennerei (in der auch die zwei- bis dreiwöchige Lagerung, die Flaschenabfüllung und sogar die Etikettierung erfolgen) biozertifiziert sind. "Wer einmal unbehandelte Wacholderbeeren verkostet hat, weiß, welche Aromen- und Geschmacksintensität hier garantiert ist", schwärmt Schauerte. "Die ökologischen Vorgaben gelten auch für die zwölf anderen Kräuter und Gewürze, die wir im Produktionsprozess verwenden."

Das sind unter anderem Koriander, Zitronenschalen, Lavendelblüten und Kubebenpfeffer. Und: Sogar Hopfen und Malz sind im Produktionsprozess mit dabei, um die Vielschichtigkeit in Duft und Geschmack noch zu optimieren. Alle diese Zutaten werden vor den Brenndurchgängen mit hochprozentigem Alkohol angesetzt - die sogenannte Mazeration.

Es lebe die Wacholderbeere

Trotzdem: Die wichtigste Ingredienz ist und bleibt die Wacholderbeere. Sie nimmt während des Destillationsprozesses, der in zwei separaten Durchläufen rund sieben Stunden dauert, die Nase vehement in Beschlag. Die Wacholdereinflüsse sollen stets im Vordergrund stehen, da sind sich die beiden einig, um zum Beispiel auch in einem "Duke Tonic" klar herauszuschmecken.

Die anspruchsvolle Kundschaft scheint's zu honorieren. Die Persephone-Betreiber können sich nach eigenem Bekunden über mangelndes Interesse von Gastronomen und Händlern nicht beklagen.

Aber was hat es nun mit dem Namen auf sich? "The Duke" ist nicht etwa eine Referenz an John Wayne - der diesen Spitznamen trug, dem Vernehmen nach aber eher an Tequila interessiert war. Er bezieht sich vielmehr auf den Stadtgründer Münchens vor 850 Jahren: Herzog Heinrich der Löwe, der bekanntlich gerne Brücken abreißen ließ. Da aber ist der flüssige Duke viel sanfter als der mittelalterliche Wüterich.

© SZ vom 26. 05. 2009 / sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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