Lidl oder Edeka?:Glaubensstreit um Supermarkt

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Lidl oder Edeka? Diese Frage spaltete Anzings Bürger in zwei Lager

Anja Jungk

Anzing Wer in der Stadt wohnt, hat meist die Qual der Wahl: mehrere Supermarktketten buhlen dort um die Kunden, bieten unterschiedliche Qualität, Sortimente und Preisniveaus. Auf dem Land ist so ein Luxus jedoch eher die Ausnahme - wie zum Beispiel in der kleinen Gemeinde Anzing.

Hier bestand das Zentrum der Grundversorgung lange Zeit aus einem relativ kleinen Edeka-Markt in der Mitte des Dorfes, bei dem die Anzinger alles zum Leben Notwendige bekamen, und auch der neueste Dorfklatsch konnte in persönlicher Atmosphäre ausgetauscht werden. Der Betreiber des Marktes, Helmut Furtmair, wollte seinen Laden zwar gerne vergrößern, doch die Suche nach einem neuen Standort gestaltete sich schwierig - und schien ja auch nicht sonderlich dringlich.

Discounter: Verlust oder Gewinn?

Dann aber entdeckte die Handelskette Lidl den kleinen Ort direkt an der Passauer Autobahn für sich: Zunächst baute sie nur ein großes Auslieferungslager im Gewerbegebiet, der Wunsch nach einem Discounter daneben ließ aber nicht lange auf sich warten. Damit hatten jedoch viele Anzinger - darunter natürlich auch der Einzelhändler Furtmair - ein Problem: Man befürchtete, der Billigmarkt auf der grünen Wiese könne den Vollsortimenter Edeka verdrängen und somit das eh schon magere Leben in der Ortsmitte ersticken.

Andere Bürger jedoch meinten, das die Gemeinde mit dem Discounter generell einen Gewinn mache - und so spaltete das Thema den eigentlich beschaulichen Ort in zwei Lager. Lidl und Edeka, diese zwei Wörter erhitzten die Gemüter, ließen Gerüchte und Misstrauen ins Kraut schießen, beschäftigten über Monate, wenn nicht gar Jahre, den Bürgermeister, den Gemeinderat, das ganze Dorf.

Schließlich gründete sich eine Bürgerinitiative pro Edeka - beziehungsweise für den Erhalt einer lebendigen Ortsmitte. Die Verantwortlichen sammelten an den Haustüren unzählige Unterschriften, verfassten Pressemitteilungen und versuchten so, Einfluss auf den Gemeinderat zu nehmen: Er sollte Edeka bei der Suche nach einem Standort im Ortszentrum behilflich sein und zugleich der Firma Lidl möglichst große Steine in den Weg legen.

Analyse gegen hitzige Gemüter

Die Gemeinderat reagierte auf die hitzige Debatte schließlich mit einer professionellen Analyse der Anzinger Nahversorgung: Sie ergab, dass in Hinblick auf die Kaufkraft der Anzinger einer Koexistenz von Lidl und Edeka unternehmerisch nichts im Wege stünde.

Und so kam es dann auch: Heute kann sich das kleine Anzing über einen neuen, großen Edeka im Ortszentrum und einen Lidl im Gewerbegebiet freuen. ,,Das ist die optimale Lösung, wir sind sehr glücklich'', schwärmt Bürgermeister Richard Hollerith über die unterschiedlichen Einkaufsmöglichkeiten.

Der Edeka werde sehr gut angenommen, und von der Lidl-Leitung habe er gehört, dass die Zahlen den Erwartungen entsprächen. Und vor allem: In der Gemeinde sei wieder Friede eingekehrt, denn jeder könne einkaufen - und zwar nach seiner Fasson.

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