Lehrstellen:8000 Jugendliche sind arbeitslos

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... und das trotz des überdurchschnittlich hohen Lehrstellenangebots. Die IHK kritisiert das kurzfristige Denken der Unternehmen.

Doris Näger

Die Zahl der Lehrstellen zu steigern, das ist das Ziel des Ausbildungs-Gipfels am heutigen Dienstag in Berlin. Doch für München ist das nur in zweiter Linie interessant: In einer der wirtschaftsstärksten Städte geht die Zahl der Ausbildungsplätze zwar ebenfalls zurück.

Aber auf einen Bewerber kommen immer noch drei Stellen. Die Auswahl zwischen einzelnen Berufen ist noch verhältnismäßig groß. In München heißt das Thema deshalb vor allem: Jugendarbeitslosigkeit.

50 Prozent mehr als im Vorjahr

Die Azubis werden nach der Ausbildung oft nicht übernommen, brauchen etwa nach einem Studium an der Fachhochschule länger, bis sie eine Stelle gefunden haben und sind die ersten, die bei betriebsbedingten Kündigungen gehen müssen. Im März waren im Arbeitsmarktbezirk München knapp 8000 Jugendliche unter 25 Jahren arbeitslos gemeldet. Das sind 50 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Doch auch wenn die Lehrstellen in München derzeit noch vorhanden sind, so verringert sich nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) ihre Zahl etwa von knapp 17.000 im Jahr 2001 auf 12.000 in diesem Jahr. "Wenn die Reduzierung der Stellen weiterhin so anhält, wird der München-Vorteil in den nächsten Jahren nicht mehr gegeben sein", sagt DGB-Jugendsekretärin Simone Kern. In Freising gebe es bereits jetzt auf einen Azubi nur noch eine Lehrstelle.

Mit den Jungen kommt auch Innovation

"Die Jugendlichen müssen die Anpassungslast alleine tragen", kommentiert Josef Amann, Geschäftsführer Berufsbildung der Industrie- und Handelskammer, deren schlechte Übernahme-Chancen. Diese Strategie sei allerdings gefährlich: "Mit den jungen Leuten kommt ja auch die Innovation." Den Unternehmen würden die Lücken, die sie jetzt lassen, sehr schnell und drastisch vor Augen geführt.

Schuld an der Situation sei die schlechte Stimmung: "Die Unternehmer fahren sehr stark auf Sicht, sind froh, wenn sie das nächste halbe Jahr überbrücken." Da mache sich kaum einer Gedanken über die Situation in drei, vier Jahren. Denn schon dann würden mehr Leute in Rente gehen als junge nachkommen.

Auch im Handwerk plädiert man dafür, trotz schlechter Konjunktur die Ausbildung nicht zu vernachlässigen. München als Metropole und Oberbayern als starke Wirtschaftsregion hätten wettzumachen, was etwa Franken nicht leisten könne, sagt Christian Gohlisch, Stellvertretender Abteilungsleiter Berufliche Bildung bei der Handwerkskammer.

Ausbildung geht vor Übernahme

Über die Wege aus der Misere gibt es allerdings unterschiedlichste Auffassungen: Für ein anderes Kündigungsschutzgesetz plädiert Amann. Dies könne dazu beitragen, dass bei betriebsbedingten Kündigungen die Leistung berücksichtigt würde und also nicht nur die Jungen gehen müssten. Er fordert zudem einen Konsens mit den Gewerkschaften: dass Ausbildung vor Übernahme geht und ein Betrieb, der über Bedarf ausbildet, nicht an den Pranger gestellt werden dürfe.

Der DGB fordert dagegen eine Abgabe von Unternehmen, die nicht ausbilden. Außerdem sollte, so Kern, eine Übernahmepflicht in den Tarifverträgen verankert werden - wie in der Metallbranche. Bei Siemens habe dies allerdings dazu geführt, dass den Azubis hinterher schlechtere Jobs angeboten und Weiterbildungen nahegelegt wurden.

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