Lehrlingsnotstand:Azubis dringend gesucht

Lesezeit: 2 min

In vielen Münchner Unternehmen sind Ausbildungsplätze noch immer unbesetzt. Ein Grund: Jugendliche sind bei der Berufswahl wählerischer geworden. Es gibt aber auch Bewerber, die noch keine Stelle gefunden haben. Ihnen soll jetzt eine Last-Minute-Börse helfen.

Tanja Schwarzenbach und Maximilian Zierer

Es bleiben nur zwei Wochen bis zum offiziellen Beginn des neuen Ausbildungsjahres am 1. September, doch Münchner Unternehmen suchen noch händeringend Azubis: 4000 von 12.500 Stellen waren nach Informationen der Agentur für Arbeit München im Juli unbesetzt. Vor allem im Einzelhandel, der Zahnmedizin, beim Handwerk und in der Hotel- und Gaststättenbranche fehlt Nachwuchs.

Lehrlingsnotstand in München: 4000 von 12.500 Stellen waren nach Informationen der Agentur für Arbeit München im Juli unbesetzt. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Die Unternehmen sind natürlich enttäuscht, wenn wenige oder keine Bewerbungen auf die angebotenen Ausbildungsplätze eintreffen - oder sich keine Bewerber mit einem geeigneten Profil finden lassen", sagt Josef Amann, bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern als Leiter für die Berufsbildung zuständig.

Der viel beklagte demografische Wandel, wenig Nachwuchs und weniger Nachfrage nach Ausbildungsberufen, der gerne als einer der Gründe für das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage angeführt wird, entspreche allerdings nicht den Tatsachen, so Simone Burger, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds München (DGB). Es habe in diesem Jahr in Bayern sogar mehr Hauptschulabsolventen als im vergangenen Jahr gegeben. Die Agentur für Arbeit München hat dieses Jahr zudem 3,9 Prozent mehr Bewerbungen verzeichnet.

Dass die Anzahl der Bewerber trotzdem nicht ausreiche, liege schlichtweg daran, dass München eine Boom-Region sei und sehr viele Ausbildungsstellen anbiete, sagt Burger. "Und die sind noch nie ausschließlich mit Münchnern belegt worden, sondern zu 50 Prozent mit Pendlern." Pendeln aus anderen Städten werde jedoch aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten in der Landeshauptstadt zunehmend unattraktiv. Außerdem seien in den vergangenen Jahren auch viele Azubis aus Ostdeutschland gekommen, wo sich die Ausbildungssituation mittlerweile aber verbessert habe.

Mangelnde Zukunftsperspektive

Ein Problem sieht Burger in der mangelnden Zukunftsperspektive einiger Berufe wie beispielsweise als Metzgereifachverkäufer oder medizinische Fachangestellte. Diese Berufe seien nie weiterentwickelt worden, man könne nicht aufsteigen, und obendrein sei die Bezahlung schlecht.

Jugendliche wollen sich mit derartigen Umständen nicht abfinden und sind wählerischer geworden. Es herrscht eine gewisse Kompromisslosigkeit, den Traumberuf und keinen anderen zu akzeptieren. "Diese Haltung ist zwar nicht endemisch, aber durchaus im Vormarsch begriffen", so Josef Amann.

Der Grund dafür liege darin, dass Jugendlichen heute nicht mehr unter dem Druck der ökonomischen Unabhängigkeit stehen. Sie sind weiter und gerne in ihre Familie eingebunden. "Aber es gibt auch intelligente Umwege, um zu seinem Traumberuf zu bekommen. Zum Beispiel mit Weiterbildungen. Da ist ein bisschen Phantasie gefragt."

Zu den beliebtesten Ausbildungsberufen zählen in diesem Jahr unter anderem der Kfz-Mechatroniker und der Kaufmann/-frau für Bürokommunikation. Doch nicht immer passen Bewerber und Stellenangebot zusammen: Trotz eines hohen Angebots waren im Juli noch 2485 Jugendliche ohne einen Ausbildungsplatz.

Zwar scheint sich das Zeitfenster bis zum Ausbildungsbeginn zu schließen, doch betont Josef Amann von der IHK, dass der 1. September nicht als letzte Frist zu betrachten sei. Es lohne sich auch danach, sich zu bewerben. "Neue Verträge kommen zum Teil noch bis zum neuen Jahr zustande."

Mit einer Last-Minute-Börse möchten die Arbeitsämter zusammen mit der bayerischen Staatsregierung auch jungen Menschen mit Migrationshintergrund noch zu einem Ausbildungsplatz verhelfen. Junge Menschen, die noch keinen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben, sollen sich dringend bei der Berufsberatung melden.

Klaus Beier, Mitglied der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit, appellierte außerdem an die Unternehmen, auch Jugendlichen ohne Bestnoten eine Chance zu geben.

© SZ vom 17.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: