Schüler verursacht Polizeieinsatz:Teure Dummheit

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Ernst gemeint hat der 18-jährige Michael es zwar nicht, als er mit einer Spielzeugpistole auf dem Pausenhof herumfuchtelte. Bestraft wird er dennoch vor Gericht.

Ekkehard Müller-Jentsch

Es war keine gute Idee, acht Monate nach dem Blutbad an einer Realschule in Winnenden mit einer Spielzeugpistole auf dem Schulhof im Michaeli-Gymnasium herumzufuchteln. Das ist dem damals 18-jährigen Michael inzwischen klar. "Es war doch nur eine jugendliche Dummheit", sagte er nun kleinlaut am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht. Dort hat er gegen die Rechnung für den Polizeieinsatz von damals Klage erhoben - und wird dafür jetzt auch noch die Prozesskosten zahlen müssen.

"Vor 15 Jahren hätte so etwas noch niemanden interessiert", sagte Rechtsanwalt Norbert Schmidt und wusste wahrscheinlich im selben Moment, dass er damit seinen Mandanten nicht entlasten kann. Denn seit Winnenden löst selbst ein harmloser Knallplättchen-Revolver der Marke "Sheriff" in Schülerhand einen Polizeieinsatz aus, der auch bei einem Schwerverbrecher nicht anders ablaufen dürfte.

Vermummte und schwer bewaffnete Beamte des Sondereinsatzkommandos stürmten am 1. Dezember 2009 Michaels kleine Wohnung, in der die 14 Uniformierten kaum Platz hatten. Minuten vorher hatte sich der Jugendliche gerade fertig gemacht, um zum Unterricht zu gehen. Stattdessen landete er im Verhörzimmer der Sicherheitsbehörden.

Am Tag zuvor hatte der junge Mann seine Spielzeugwaffe auf dem Schulhof gegen einen Kameraden gerichtet und gesagt: "Ich werde dich jetzt erschießen." Der Mitschüler nahm das nicht ernst und ging einfach weiter. Auch eine Schülerin, die nach Unterrichtsende an dem mit der Pistole fuchtelnden Michael vorbei radelte, dachte sich nichts dabei.

Die Lawine kam erst ins Rollen, als Schüler untereinander an diesem Nachmittag telefonierten. Plötzlich machten Gerüchte die Runde, dass der als Sonderling geltende Michael schon mal über einen "Amoklauf in der Schule" schwadroniert habe. Und an seinem Computer habe er angeblich bereits ein Modell des Gymnasiums generiert. Einer der Schüler war durch das Geschwätz so verunsichert, dass er noch am selben Abend zur Polizei ging.

"Beim Verdacht auf eine unerlaubte Waffe in der Wohnung wird nicht erst geklingelt und gefragt", sagte die Vertreterin des Polizeipräsidiums nun in der Verhandlung. Wenn noch dazu noch die abstrakte Gefahr eines Anschlags bestehe, müsse auf jeden Fall das SEK ran. Da werde ein Routineprogramm gestartet: "Die Polizei muss da hundertprozentig sichergehen."

3060 Euro sollte der Schüler hinterher für den Einsatz zahlen. Wegen seiner schlechten finanziellen Lage wurde der Betrag auf 600 Euro reduziert. "Was geht nur im Kopf eines Schülers vor, der so etwas macht, noch dazu im Jahr von Winnenden", fragte der Vorsitzende Richter und legte Michael nahe, die Klage zurückzuziehen - so könnte er wenigstens noch zwei Drittel der Gerichtsgebühren sparen. Der Jugendliche bekam noch Bedenkzeit, um das mit seiner Mutter zu besprechen.

© SZ vom 13.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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