Residenzklinik:Ärztlicher Leiter: Vorwürfe gegen Geschäftsführer

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Die Hygienemängel an der Münchner Schönheitsklinik waren bekannt - doch der Chef hat sich nicht darum gekümmert: Der Ärztliche Leiter stänkert gegen Geschäftsführer Kirschner.

S. Lode

An normalen medizinischen Betrieb ist in der Residenzklinik am Odeonsplatz seit Tagen nicht mehr zu denken, nun sind zudem massive Vorwürfe gegen den Betreiber laut geworden. Der angeblich geschasste ärztliche Leiter, Marek Kiene, wirft Geschäftsführer Jochen Kirschner vor, sich jahrelang nicht um die Hygiene in seiner Klinik gekümmert zu haben.

An der Residenzklinik läuft fast nichts mehr: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Körperverletzung, das Gesundheitsamt hat dem Schönheitsinstitut die meisten Behandlungen untersagt. (Foto: Robert Haas)

Seit dem 3. August liegt der privaten Schönheitsklinik die 30-seitige Mängelliste des Gesundheitsamts vor, die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts auf Körperverletzung. Die meisten Behandlungen sind der Residenzklinik derzeit verboten, doch dort herrscht ein äußerst merkwürdiger Umgang mit den Problemen. Zunächst dementierte die Klinik vergangenen Mittwoch jegliche Schwierigkeiten. Einen Tag später stritt Geschäftsführer Jochen Kirschner zwar immer noch ab, dass er von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wisse, doch das Institut räumte Mängel ein und erklärte, dass der ärztliche Leiter und Hygienebeauftragte "ab sofort seiner Ämter enthoben" sei.

Nun hat sich Marek Kiene zu Wort gemeldet. Er ist der ärztliche Leiter, den die Klinik vergangene Woche geschasst haben will. Doch Kiene sagt, dass er bisher keine schriftliche Nachricht über seine Kündigung bekommen hat. "Ich bin Stand heute in der Residenzklinik beschäftigt", sagte Kiene am Sonntag in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung und vermutet: "Der Geschäftsführer will die Sache öffentlich reinwaschen."

Kiene bestätigte, dass es in der Residenzklinik hygienische Mängel gibt. Der junge Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie ist seit Juni 2009 bei der Residenzklinik angestellt, Mitte Dezember übernahm er die ärztliche Leitung, nachdem sein Vorgänger das Institut verlassen hat. Im Februar erlebte er zum ersten Mal einen Besuch des Gesundheitsamts, Anfang März lag der schon damals umfangreiche Auflagenkatalog vor. Geschäftsführer Kirschner benannte daraufhin Kiene am 12.März zum Hygienebeauftragten, der die Auflagen umsetzen sollte.

Nicht ungewöhnlich viele Probleme

Was Kiene nach eigenen Angaben bis vor kurzem nicht wusste: Bereits 2005 hatte die Residenzklinik Besuch von den Inspektoren des Gesundheitsamtes. "Mir wurden die Versäumnisse bewusst verschwiegen", sagt Kiene. Kirschner habe auch nie einen Hygienebeauftragten ernannt. "Als Geschäftsführer kann er das auch selbst machen, aber er hat sich nie darum gekümmert."

Seit die Vorgaben vom März 2010 auf dem Tisch lagen, hat es laut Kiene mehrere Treffen gegeben, an denen auch Kirschner teilgenommen hat. "Er hat sich um fast sämtliche Dinge nicht gekümmert, die er versprochen hat umzusetzen", sagt Kiene. Bauliche Maßnahmen etwa, oder die Anschaffung von Geräten. Dann fügt Kiene hinzu, dass er "fast froh" über die jüngste Inspektion Ende Juli war: "Man fragt sich doch, ob das sonst eventuell noch länger verschleppt worden wäre."

Zugleich betont der Chirurg, dass es in der Residenzklinik nicht ungewöhnlich viele Probleme gegeben habe. "Dort werden gute Leistungen angeboten, die Umsetzung der Hygienemaßnahmen ist das Problem." Infektionen nach Operationen hat es gegeben, das räumt er ein - "aber das war im statistisch normalen Bereich". Lediglich in den letzten ein bis zwei Wochen vor der Kontrolle im Juli hätten sich die Fälle gehäuft.

Wo genau die Klinik gespart oder geschlampt hat, möchte Kiene wegen der laufenden Ermittlungen nicht sagen. Mehrere ehemalige Mitarbeiter berichten jedoch übereinstimmend von offensichtlichen Mängeln wie etwa einer Putzfrau, die ohne die nötige Spezialausbildung und in Straßenkleidung den OP gereinigt habe. Sie werfen dem Betreiber Profitgier vor: "Der hat versucht, aus Masse Geld zu machen."

© SZ vom 09.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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