Kommentar:Riskanter Schnellschuss

Angesichts zahlreicher Quarantänefälle liegt die Vermutung nahe, dass die Öffnung der Grundschulen und Kitas zu früh kam

Von Lars Brunckhorst

Die erste Woche nach der Wiederöffnung der Grundschulen und Kitas neigt sich dem Ende zu und schon sind die ersten Kinder und ihre Familien wieder in Quarantäne. Versuch also missglückt? Um das abschließend zu beurteilen, ist es sicher noch zu früh; aber alle Anzeichen sprechen dafür: Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus und die Sieben-Tage-Inzidenz steigen wieder, die der Fälle mit bestätigtem oder zumindest dringendem Verdacht auf Virusmutationen auch. Kein Wunder also, dass sich viele Familien und Lehrer als Versuchskaninchen fühlen.

Ottobrunns CSU-Bürgermeister Thomas Loderer hat daher völlig recht, wenn er die Frage aufwirft, warum die Staatsregierung mit Schul- und Kita-Öffnungen nicht wenigstens solange gewartet hat, bis Schnelltests für jedermann verfügbar sind. Zwei Wochen mehr Homeschooling wären verkraftbar und vertretbar gewesen. Zumal die aktuellen Zahlen ja das Infektionsgeschehen von vor zwei Wochen abbilden. Möglicherweise baut sich nämlich schon länger unterschwellig eine dritte Welle auf, die durch die Schulöffnungen noch verstärkt wird.

Dass offene Schulen durchaus Pandemietreiber sind, zeigt auch ein Blick zurück: Erst nachdem diese im Dezember geschlossen wurden, gingen die Infektionszahlen mit ein paar Wochen Verzögerung zurück. Die Schließung von Restaurants, Geschäften und Sportstätten im sanften Lockdown hatte dagegen nicht den gewünschten Effekt. Gut möglich, dass der Höhenkirchner Schulrektor Torsten Bergmühl recht hat, wenn er prophezeit: "In zwei Wochen sperren wir wieder zu." War es das dann wert?

© SZ vom 26.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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