Kino: Short Film Festival 2010:Macht mal halblang

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Sie langweilen sich schnell oder besitzen die Aufmerksamkeitsspanne einer Stechmücke? Dann sind Sie reif für das Kurzfilmfestival in München, das noch bis Mittwoch Süßes, Saures und Bitteres auf die Leinwand zaubert.

Ruth Schneeberger

Vor einer solchen Situation hat man ja immer leichte Panik: Wenn das Servicepersonal am Flughafen die Papiere eingehend prüft, den Reisenden mit Röntgenaugen ansieht oder dem Sicherheitspersonal unmerklich zunickt, wer bekäme es da nicht mit der Angst zu tun? Nicht, dass man sich irgendetwas vorzuwerfen hätte, aber man weiß ja nie, was diesen Securityleuten alles einfällt. Und dann auch noch in einem fremden Land, dessen Sprache man womöglich nicht beherrscht, pünktlich zur Boarding Time - war es nicht Tom Hanks, der gezeigt hat, wie lange man in einem Flughafen eingesperrt sein kann, von aller Welt verlassen, kein Vor und kein Zurück, nur wegen Ärger mit den Behörden? In diese Grundangst entführt uns der französische Kurzfilm "Just a Pitch": Ein indischer Drehbuchautor wird bei der Einreise in Frankreich festgehalten, weil angeblich etwas mit seinen Papieren nicht stimme. Aus den bürokratischen Fängen der Flughafenpolizei kann er sich nur mithilfe seiner Phantasie retten - doch er hat keine Ahnung, was er damit anrichtet ....

Filmfest München: Szene aus dem Film "She's a blur". (Foto: online.sdemuenchen)

Zur Eröffnung des Short Film Festivals am Donnerstag Abend im Gloria Palast am Stachus wurden neben diesem amüsant-versponnenen Filmchen noch sechs weitere Kurzfilme unter dem Titel "Sweet" gezeigt. Das Festival, das bis Mittwoch, 23. Juni, läuft, bietet jeden Abend von ca. 19 bis ca. 23 Uhr in ebendiesem Kino gut 50 internationale Filme zur Auswahl, die im Schnitt rund 15 Minuten dauern. Jeweils fünf bis acht davon werden unter Überschriften wie "Sweet", "Sour", "Bitter", Salty" oder "Umami" zusammengefasst. Eine Reihe davon startet jeweils um 19, eine zweite um 22 Uhr. Der Eintritt für eine rund zweistündige Vorstellung kostet 5 Euro, der gesamte Festivalpass 18 Euro. Am letzten Abend werden die Publikumslieblinge gekürt; der Gewinnerfilm wird mit 1000 Euro und der Gunst der Zuschauer belohnt.

Zur Eröffnung angereist war am Donnerstag der ungarische Regisseur Balasz Simonyi, der in seinem Filmchen "Tour" einen Mann portraitiert, dessen größter Wunsch es ist, einmal die Tour de France nachzufahren, zumindest deren heikelste Strecke. Leider ist er im wahren Leben dazu viel zu gemütlich - also muss sich das Schicksal etwas einfallen lassen, um ihm doch noch zu seinem Glück zu verhelfen. Simonyi selbst kennt Sporteifer als Triathlon-Athlet aus eigener Erfahrung - und zeigt mit seinem Anti-Helden, dass auch die absurdesten Träume wahr werden können, man manchmal nur fest genug daran glauben muss.

Wer sich die Filme der Reihe "Sweet" ansieht, weiß schon vorab, dass die so übel nicht enden können: In dem witzigen spanischen Neunminüter "How I Met Your Fahther" etwa wird aus einem vergeigten One-Night-Stand doch noch etwas sehr Handfestes; in dem liebenswerten niederländischen Film "Arie" entdeckt ein Altenheiminsasse nach dem Tod seines geliebten Haustieres den Wert der Freundschaft neu; dem jungen Mann in dem vielfach prämierten australischen Kurzfilm "Glenn Owen Dodds" begegnet eine seltsame Person, die sich vermutlich nicht ganz zu Unrecht als Gott ausgibt.

"Die ,bitteren' Filme haben dagegen eine sehr ernsten Hintergrund, und ,Umami' bedeutet ungewiss, unbekannt", erklärt Koordinatorin Angela Oh Tenner, die um die 1000 Kurzfilme gesichtet hat, um eine Auswahl von 35 Filmen aus 26 Ländern zu treffen. Darüberhinaus sind zehn Filme aus Deutschland zu sehen als "Best of Germany" - alle sind für den Deutschen Kurzfilmpreis nominiert - und weitere sechs Filme in der Reihe "Friends and Family" aus der Münchner Filmwerkstatt, die unter Leitung von Martin Blankemeyer das "International Short Film Festival" im Gloria Palast organisiert. Ihr Kommen zugesagt haben außerdem viele Filmemacher, unter anderem aus Schweden, Irland, Polen, Italien, Israel und Malaysia, die den Filmfans im Anschluss an die Kurzvorführungen Rede und Antwort stehen.

Wer also die Spannung eines Fußballspieles nicht aushält, schon nach zehn Minuten eines Blockbusters weiß, wie er endet, oder vor dem Dauerregen ins Kino flüchtet und nur Sommerloch findet, für den könnte das Kurzfilmfestival eine erfrischende Abwechslung sein. Das gesamte Programm ist unter www.muc-intl.de zu finden.

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